Überall in Europa haben die Milchbauern die Schnauze voll: Milch ist billig, im Supermarkt werden Joghurt und Quark verramscht. Und die Bauern bekommen weniger Kohle. Sie fordern wieder faire Milchbedingungen und auch die EU-Landwirtschaftsminister beraten über die Milchpreis-Krise.
Für uns Verbraucher ist es auf den ersten Blick super. Der Liter Milch kostet je nach Supermarkt weniger als 60 Cent. Für die Produzenten ist das hingegen nicht ganz so gut: Bei den Bauern kommen davon nur knapp 30 Cent an. Bei solchen Preisen fällt es vielen Landwirten schwer, ihre Höfe noch mit Gewinn zu betreiben. "Manche können damit noch nicht einmal das Futter für die Kühe bezahlen", sagt Silke Hahne aus der Deutschlandradio-Wirtschaftsredaktion.
"Neben Milch, Joghurt und Quark gibt es noch eine ganze Menge anderer Milchprodukte, die von den Molkereien aus der Rohmilch hergestellt werden - und auch hier gibt es natürlich den Preiskampf."
Das Problem der Bauern: Am 1. April in diesem Jahr ist die Milchquote gefallen. Das heißt: Seitdem dürfen Bauern so viel produzieren, verkaufen und vor allem exportieren, wie sie wollen. Mit diesen Einnahmen und dieser Aussicht auf fette Gewinne haben viele Bauern Geld in ihre Höfe und neues Milchvieh gesteckt und dabei auch Schulden gemacht. An sich ein guter Plan: Es ist noch gar nicht so lange her, da hat die Milch deutlich mehr eingebracht, vor zwei Jahren gab es noch 40 Cent für den Liter.
Preiskämpfe, Überangebote, schwächelnde Absatzmärkte
Woher der Preissturz von immerhin 25 Prozent kommt, ist nicht ganz klar. "Manche sagen, die Abschaffung der Milchquote ist schuld, seitdem gibt es ein Überangebot am Markt", erklärt Silke. "Andere sind der Meinung: Das Überangebot hat es früher schon gegeben." Das Überangebot ist derzeit ein ganz besonderes Problem: Russland hat ein Einfuhrverbot für Agrarprodukte aus der EU verhängt, da ist für die Milchbauern gleich ein ganzer Markt weggebrochen. Währenddessen schwächelt in China die Wirtschaft, die Nachfrage ist geringer - und die EU-Bauern werden ihre Milch nicht mehr los.
"In Belgien haben sich Handel, Landwirte und Nahrungsmittelindustrie auf höhere Preise geeinigt. Ich glaube sogar, dass das den meisten Verbrauchern sogar vermittelbar ist."
Bleiben die Kampagnen für Faire Milch, da bezahlt der Kunde freiwillig ein wenig mehr, er hat ein gutes Gewissen und beim Bauern kommt etwas mehr Geld an. Das muss man sich aber auch erstmal leisten können und vor allem wollen. Letztlich ist es auch nur ein kleiner Teil der Milch, der so vermarktet wird - und es interessiert sich auch nur eine relativ kleine Käufer-Gruppe für faire Milch.
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