Mal kurz keine Ziele, keine Pläne, keine Deadlines: Kreative Tätigkeiten können bei psychischen Problemen mildernd wirken, sagt Psychiater Bastian Willenborg. Der mentalen Gesundheit sei es zuträglich, wenn ein Teil des Lebens – eben dieser kreative Teil – nicht verplant ist.

"Kreativität (...) kann definitiv helfen, psychische Probleme – zumindest in der Symptomstärke – zu reduzieren."
Bastian Willenborg, Psychiater und Psychotherapeut

Mit der kreativen Tätigkeit sollte kein übermäßiger Leistungsanspruch verbunden sein. Ausprobieren geht hier vor Höchstleistung, sagt Bastian Willenborg.

Praktisch kann das beispielsweise beim Musikmachen, beim Laienschauspiel, beim Kochen – ohne Rezept versteht sich – und sogar beim Blumengießen passieren. Sein persönliches Beispiel: Vor einiger Zeit hat sich Bastian Willenborg ein E-Piano gekauft und Klavierunterricht genommen.

Prävention psychischer Erkrankungen

Grundsätzlich ist es gut, Gewohnheiten und starre Regelsysteme zu durchbrechen, so der Psychiater. Das könne nämlich auch der Prävention psychischer Erkrankungen dienen. Kreatives Ausprobieren helfe, auf neue Gedanken zu kommen und neue Ideen zur Problemlösung zu finden.

"Ich glaube, dass all das, was einen aus dem üblichen Trott rausholt, präventiv ist."
Bastian Willenborg, Psychiater und Psychotherapeut

Psychisch kranke Menschen sind aber nicht kreativer als psychisch unbeeinträchtigte Menschen. Darauf gebe es keine Hinweise, sagt Willenborg. "Eine bipolare Erkrankung hilft nicht, was Kreativität angeht, sondern das ist eine schlimme Erkrankung", so der Psychiater.

Superkreative mit psychischen Erkrankungen

Einige künstlerisch besonders erfolgreiche Menschen mit psychischen Erkrankungen – Vincent Van Gogh oder Curt Cobain beispielsweise – seien angesichts der hohen Zahl erfolgreicher Menschen ohne psychische Erkrankung wohl eher als Ausnahmefälle zu betrachten. Vielleicht haben wir da einfach eine verzerrte Wahrnehmung, vermutet Bastian Willenborg.

Shownotes
Psyche und Kreativität
Musik, Garten, Kochen: Kreativsein – bewusst ohne Plan
vom 28. April 2024
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Bastian Willenborg, Psychiater und Psychotherapeut