Klar lässt sich einiges aus dem Boden stampfen, aber eine Zukunft? In Saudi-Arabien versucht es der Kronprinz mit der Wüstencity "The Line". Darin zeigt sich auch eine Abkehr vom Erdöl als Garant für Wohlstand, sagt Florian Guckelsberger.
Neom, so heißt das Megaprojekt, das in Saudi-Arabien entstehen soll – eine Gruppe mehrerer Planstädte mit angeschlossenem Technologiepark, die gleichzeitig besonders nachhaltig sein soll. Der Standort liegt im äußersten Nordwesten des Landes unweit des Golfs von Akaba, unmittelbar an der Küste des Roten Meeres.
Vision einer nachhaltigen Stadt
Weil eine der Teilstädte von Neom in einer 170 Kilometer langen Linie gebaut wird – eine sogenannte Bandstadt – wird sie als "The Line" vermarktet. Eine Stadt ohne Autos und Emissionen soll es werden. Bis zu 200 Milliarden Dollar soll sie kosten, für das ganze Projekt wird mit etwa 500 Milliarden Dollar kalkuliert.
Dieses staatlich-private Städtebauprojekt soll Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit, Hightech und Kommunikation zusammenbringen. Unterirdische Bullettrains und Flugtaxis gehören ebenso zu den Plänen, wie ein künstlicher Mond aus einem Schwarm kleiner Drohnen.
Weil von diesen großen Plänen neben Touristen auch Immobilieninvestoren angelockt werden sollen, wirbt nun ein Werbevideo für das Projekt. Neom und The Line werden als Lösung für fast alle zivilisatorischen Probleme vermarket, die sich in Städten zeigen können.
In gewisser Weise steht das Projekt für eine Abkehr vom Öl, sagt der Journalist Florian Guckelsberger. Es stehe im Zusammenhang mit der sogenannten Vision 2030, die Kronprinz Mohammed bin Salman formuliert hat.
Rechtlich soll das Gebiet eine Sonderzone werden. Frauen sollen sich dort nicht verschleiern müssen und der Konsum von Alkohol erlaubt sein. Für Konservative im Land eine mindestens interessante Perspektive, sagt Florian Guckelsberger. Er kennt den Nahen und Mittleren Osten und arbeitet für das Magazin Zenith. Er war selbst schon in Saudi-Arabien unterwegs.
Öljobs waren sehr sicher
Florian Guckelsberger weist darauf hin, dass sich Saudis, die heute in den 20er und 30er Jahren sind, um die ökologische Zukunft und die Rolle von Technologie Gedanken machen und besonders nach ihrer eigenen beruflichen Zukunft fragen. "Für Jahrzehnte war die Antwort für viele Menschen in Saudi-Arabien in der Erdölindustrie, also entweder direkt bei Saudi Aramco oder bei Zulieferbetrieben." Das seien relativ einfache Arbeiten, mit denen sich sehr viel Geld verdienen ließ.
"Wir haben in Saudi-Arabien eine Wirtschaft, die ganz stark davon abhängig ist, dass die Welt Öl kauft."
Die Stadt Neom solle sowohl ein Signal an die Leute im Land selbst sein, als auch international. Jüngere Saudis messen ihre Führung daran, inwieweit sie ein gutes Leben ermöglicht, meint er. Und weiter: "Das wird natürlich individuell definiert."
Stadt für eine globale Elite
Ob das gelingen könne? Mit Blick auf die Region sei er grundsätzlich ganz vorsichtig mit Prognosen. Die touristische Zielgruppe für Neom ist hier wohl eher wohlhabend, eine globale Elite, glaubt Florian Guckelsberger.
"Da sollen Touristen angezogen werden. Das ist alles sehr hochwertig. Das sind sicherlich keine ganz armen Menschen, die dort Urlaub machen sollen."
Eine Million Menschen soll in The Line wohnen und arbeiten. Über weitere Entfernungen innerhalb der Stadt sollen sie sich mittels einer unterirdischen Verkehrsinfrastruktur mit einer Hochgeschwindigkeits-U-Bahn und autonom fahrenden Fahrzeugen bewegen. Auf der Erdoberfläche sollen city modules entstehen, zwischen denen nur Radfahrerinnen und Fußgänger unterwegs sind und kein Fußweg länger als fünf Minuten dauert.
Einer von mehreren Flughäfen ist bereits fertig und in Betrieb. Durch seine Nähe zu Ägypten, Jordanien und Israel hat er eine wichtige strategische Bedeutung. Seit Juli 2017 starten und landen dort auch zivile Maschinen.