Warum sich Fehlinformationen so leicht bei Social Media verbreiten? Weil wir fast nur mit Leuten vernetzt sind, die unserer Meinung sind.
Donald Trump tritt gerade in ein Fettnäpfchen nach dem anderen. Er beleidigt die Eltern von Kriegsveteranen, lässt das Republikaner-Establishment auflaufen, ist beleidigt, wütet, teilt aus, schmollt, erzählt eine Lüge nach der anderen. Und während seine politischen Gegner sich die Hände reiben und hoffen, dass er dabei ist, sich selbst zu erledigen, sagen andere: Völlig egal, was auch immer Trump macht, er wird trotzdem Präsident.
Dieses Verhalten lässt sich ganz gut mit dem sogenannten Filterblaseneffekt in den Sozialen Medien begründen. Und der lässt sich sehr gut anhand einer neuen Studie erklären, die ein Wissenschaftler über die Social-Media-Nutzung beim Amoklauf von München verfasst hat.
Der Kommunikationswissenschaftler und Journalist Gerret von Nordheim hat in einer Netzwerkanalyse zum Amoklauf von München über 80.000 Tweets ausgewertet, die zwischen Freitagabend um 19 Uhr und Samstagmorgen um 7 Uhr unter dem Hashtag München gepostet wurden. Und die zeigen, dass zwei beinahe isolierte Gruppen die Twitter-Sphäre bestimmten: Eine größere Usergruppe gruppierte sich um den Twitter-Account der Polizei München. Hier waren die meisten User unterwegs, auch klassische Medien und Politiker.
"Die Tweets zum Amoklauf von München zeigen, dass es zwei beinahe isolierte Gruppen gibt, die die Twitter-Sphäre bestimmen."
Dann gab es ein zweites, deutlich kleineres Cluster, mit den Accounts verschiedener AfD-Ortsgruppen und -Politikern. Der Tweet mit der größten Reichweite in dieser Gruppe steht repräsentativ für die Einstellung der User, die Angst vor Überfremdung haben und die die Ereignisse von München schnell mit fremdenfeindlichen Deutungsmustern verbunden haben, schreibt Gerret von Nordheim. Der am meisten verbreitete Tweet in dieser Gruppe stammt vom Account der AFD Breisgau und lautete: "Deutschland im Visier des islamistischen Terrors. Nun muss das deutsche Volk für die Fehler der Regierung Merkel bluten."
Eine Art Parallelwelt
Diese beiden Gruppen reden kaum miteinander: Es gibt nur sehr wenige Querverbindungen, also Nutzer, die in beiden Gruppen aktiv sind. Das heißt: Die AfD-Supporter, genau wie Trump-Supporter oder die Brexit-Befürworter, leben in einer Art Parallelrealität, wo jetzt der sogenannte Bestätigungsfehler durchschlägt: Soziale Medien verstärken unseren Wunsch vor allem die Informationen zu bevorzugen, die unseren eigenen Überzeugungen entsprechen.
Jede der Gruppen hat also ihr eigenes Weltbild. Die Wahrheit der anderen Gruppe wird nicht wahrgenommen. Auch deshalb sagen nicht wenige Beobachter: Es ist egal, in was für ein Fettnäpfchen Trump tritt - solange er die Angst vor Überfremdung und das Gefühl der Frustrierten und Abgehängten zum Ausdruck bringt. Gerret von Nordheim schreibt, Richtigkeit oder Fakten sind nicht so wichtig, wie das eigene Weltbild. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Filterblase. Und Gerret von Nordheim erklärt zum Abschluss seiner kleinen Studie auch noch, dass das das Gegenteil dessen sei, was der Philosoph Karl Popper als kritischen Rationalismus bezeichnet hat. Also dass wir bereit sind, auf kritische Argumente zu hören und zugeben, dass wir auch irren können. Und dass wir der Wahrheit nur gemeinsam auf die Spur kommen können.