Linda Rennings war auf echte Hilfe angewiesen. Auf Geld, Lebensmittel, Zuwendung und Kontakt. Manchmal hat sie einen Haufen alter Kleider bekommen - mit denen sie nichts anfangen konnte.

Linda Rennings war fünf Jahre lang wohnungslos, ein Jahr davon hat sie auf einem Friedhof in Köln-Dünnwald gelebt. Seitdem kennt sie sich aus mit Obdachlosigkeit, mit echter Hilfe, gut gemeinter und falscher. Und mit Verachtung.

Bevor sie obdachlos wird, hat die "Kölsche Linda", so nennt sie sich selbst, schon einiges durchgemacht: Sie wächst bei ihrer Oma auf, ihre Mutter ist alkoholsüchtig. Linda macht eine Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin, heiratet, erlebt eine Gewaltehe.

Die Familie geht zu Bruch, sie wird physisch und psychisch krank, kann nicht mehr arbeiten. Der Rauswurf aus der Wohnung ist unvermeidbar. Linda steht auf der Straße.

"Ich war in einem ganz katastrophalen Zustand und habe dann ein Jahr bei Wind, Wetter, Schnee, Frost ohne Decke, ohne Schlafsack komplett auf dem Friedhof zugebracht - ohne Alkohol, ohne Drogen, ohne irgendwas. Ich hab mich da durchgeschlagen."
Linda Rennings

Linda magert auf 40 Kilo ab. Ab und zu bekommt sie Geld zugesteckt, vom dem sie sich Essen kaufen kann. Manche fragen, ob sie Hunger hat oder einen Kaffee möchte. Das ist gute, ehrliche Hilfe, findet Linda.

Und dann gibt es noch die, die mit einer Reisetasche voller alter Kleidung vorbei kommen und bei Linda abstellen. "Da hab ich gedacht: Was sollst du denn damit? Wohin damit?"

Der richtige Schritt

Ein Mann will aber tatsächlich helfen. Er bringt Linda Rennings ins Cafe Auszeit, eine Beratungsstelle für wohnungslose Frauen in Köln. Der richtige Schritt, denn hier beginnt Linda Rennings Weg zurück in so etwas wie ein geregeltes Leben. Von da an schläft sie manchmal in Obdachlosen-Unterkünften. In einer Einrichtung erkennen die Leute, dass Linda Rennings psychische Probleme hat.

Inzwischen lebt sie wieder in einer Wohnung. Von der Hilfe, die sie bekommen hat, war manche wirklich gut, andere war nur gut gemeint. So wie Kleidung für Obdachlose.

"Natürlich würde ich mir wünschen, dass einer stehen bleibt, dass er mir einen Euro gibt. Aber auch, dass er einfach mal fragt ‚Wie geht’s dir denn?‘ oder mir ein Lächeln schenkt."
Linda Rennings

Linda Rennings will jetzt anderen Obdachlosen helfen - dafür hat sie gerade den Verein "Heimatlos in Köln" gegründet.

Linda Rennings mit ihrem Hund.
© Linda Rennings
Die Kölsche Linda mit ihrem Hund Clayd.

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Shownotes
Obdachlosigkeit
Erst fragen, dann helfen
vom 16. Januar 2015
Autorin: 
Anna Kohn
Moderator: 
Paulus Müller