Am 23. Juli beginnen die Olympischen Spiele in Tokio. Wegen Corona finden sie ohne Zuschauer statt. Athleten könnte das bei Ausdauer-Sportarten zum Nachteil werden. Athletinnen dagegen eher bei Präzisions-Disziplinen.
Grundsätzlich geht die Wissenschaft davon aus, dass das Publikum einen Einfluss auf Leistungen von Sportlerinnen und Sportlern nehmen kann, sagt Amelie Heinrich, Sportwissenschaftlerin im Bereich Sportpsychologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Die Doktorandin forscht zu diesem Thema und hat im Juli in Zusammenarbeit mit der Uni Jena eine Studie dazu mitveröffentlicht. Das Forschungsteam verglich die Ergebnisse des Biathlon-Weltcups 2020, bei dem wegen der Pandemie keine Zuschauer zugelassen waren, mit den Leistungen von 2018 und 2019, als noch Fans dabei waren.
Einfluss des Publikums je nach Sportart anders
Ob und wie sich das Publikum auf die Leistungen der Athletinnen und Athleten auswirkt, hängt von der Sportart und vom Geschlecht ab, erklärt Amelie Heinrich. Bei Sportarten, die vor allem konditionelle Anforderungen stellen – wie etwa Ausdauer und Kraft beim Laufen oder Gewichtheben – könne das Publikum eher einen positiven, also leistungssteigernden Einfluss nehmen. Diese Erkenntnis trifft aber vor allem auf Männer zu.
"Bei Sportarten mit konditionellen Anforderungen kann das Publikum bei Männern eher einen leistungssteigernden Einfluss nehmen als bei Präzisions-Sportarten."
Bei Disziplinen, bei denen es auf Präzision und Konzentration ankommt, also etwa bei den Schießwettbewerben, sei das hingegen anders. Dort könne das Publikum für Männer eher störend sein. Ein anderes Beispiel: Der Aufschlag beim Tennis, wenn der Schiedsrichter die Zuschauer mit "Quiet, please" zur Zurückhaltung auffordert.
Unterschiede zwischen Frauen und Männern
Bei Frauen wurde dagegen eher das umgekehrte Muster erkannt: Sie profitierten beim Biathlon eher beim Schießen vom Publikum. Und beim Schießen kommt es eher auf Präzision und Konzentration an, weniger auf Ausdauer.
"Bei Frauen haben wir eher das genau umgekehrte Muster erkannt als bei den Männern. Es ist aber noch zu früh, um finale Aussagen zu treffen"
Dieser Zusammenhang sei neu und so bislang noch nicht untersucht worden, sagt Amelie Heinrich. Allerdings sei es noch zu früh, um finale Aussagen zu treffen.
Anfänger und erfahrene Profis
Auch ob die Sportlerinnen und Sportler noch am Anfang ihrer Karriere stehen oder schon dutzende Wettkämpfe auf höchstem Niveau hinter sich haben und an viele Zuschauer gewöhnt sind, spiele eine Rolle, so die Sportwissenschaftlerin.
Anfängerinnen und Anfänger sähen ihre sportliche Aufgabe eher als komplex an als alte Hasen, denen ihre Erfahrungen in solchen Momenten zu helfen scheinen und für die die Aufgabe dementsprechend "einfacher" daherkommt, sagt Amelie Heinrich. Den Erfahrenen helfe das Publikum also dementsprechend mehr.