Online-Dating ist nicht immer einfach: Wir haben Schiss vor Ablehnung, wollen aber möglichst interessant und cool rüberkommen. Manche nutzen inzwischen deshalb Chatbots, aber eigentlich wollen wir alle lieber mit Menschen kommunizieren.
Mensch oder Chatbot – wer schreibt mir da gerade? Es wird immer schwieriger herauszufinden, ob die Nachrichten, die wir erhalten, tatsächlich von einem Menschen verfasst wurden. Oder ob er sich beim Texten von einer Künstlichen Intelligenz hat helfen lassen. Das gilt inzwischen auch fürs Online-Dating, hat unsere Reporterin Cleo Libro festgestellt.
"Ich würde selber kein Chatbot beim Dating benutzen, da habe ich den Anspruch an mich, dass ich das selbst machen will."
Sie hat Leute auf der Straße befragt, ob und wie sie KI-basierte Tools beim Online-Dating nutzen. Manche lehnen es komplett ab, andere nutzen Chatbots als digitalen Lektor, der bei Zeichensetzung und Formulierungen hilft.
Andere gehen noch einen Schritt weiter und erstellen ihr Profil mit einer KI-Applikation, lassen sich Gesprächseinstiege oder Fragen vorgeben oder analysieren ganze Chatverläufe, um etwas über den Charakter des unbekannten Gegenübers herauszufinden.
Aufgrund von Chatverläufen Profil erstellen
Jana hat Erfahrung mit Online-Dating. Sie hat beispielsweise ein KI-Tool genutzt, nachdem ein Mann nach viermonatigem Dating plötzlich über Whatsapp mit ihr Schluss macht. Sie möchte wissen, was von den Gesprächen echt war, was schiefgelaufen ist und an welchen Stellen sie möglicherweise manipuliert wurde.
Jana hat das geholfen, die Trennung besser zu verarbeiten. Die Frage ist nur, wie objektiv eine KI einen Menschen aufgrund von Chatverläufen beurteilen kann. Denn klar ist, Chatbots werden von Menschen trainiert und übernehmen dabei oft vorgefertigte Urteile – beispielsweise gegenüber Randgruppen.
Künstliche Intelligenz als Liebes-Coach
Einige, die Cleo Libro auf der Straße befragt, legen Wert darauf, ihr Profil selbst zu gestalten und Nachrichten selbst zu verfassen. Weil sie andersherum auch selbst nicht in die Situation kommen wollen, dass ihr Gegenüber gar kein Mensch ist, sondern eine KI.
Mehr die Hälfte kann sich vorstellen, beim Dating KI zu nutzen
Trotzdem zeigen Daten aus einer neuen Umfrage unter Nutzenden in der Dating-App Hinge, dass über 60 Prozent der Befragten sich vorstellen können, KI beim Online-Dating als Hilfe zu nutzen.
Die Frage ist aber, weshalb wir uns überhaupt von einer Künstlichen Intelligenz helfen lassen, wenn es um so etwas Persönliches und Wichtiges wie die Partnersuche geht.
"Dating ist immer etwas, was ziemlich viel Unsicherheit hervorrufen kann. Und Menschen suchen nach Mitteln, um mit Unsicherheit umzugehen."
Die Paartherapeutin Anouk Algermissen findet, dass es sich lohnen kann, KI dann zu nutzen, wenn wir ein Hindernis überwinden müssen. Eine Nachricht, die wir an jemanden senden wollen, vorher in ein KI-basiertes Tool einzugeben, um uns ein Feedback abzuholen, hält sie für legitim.
Die Therapeutin denkt, dass es uns helfen kann, selbstbewusster und mutiger mit den Unsicherheiten beim Online-Dating umzugehen.
Eigenes durch KI-generierten Content zu ersetzen
Problematisch findet sie den Einsatz von KI nur dann, wenn wir uns nicht einfach nur beim Texten helfen lassen, sondern unsere Nachrichten an die andere Person komplett von einer KI erstellen lassen.
Denn spätestens beim Date müssen wir das Gespräch selbst führen. Ein anderes Risiko besteht auch darin, dass ein Chatbot nur bestätigt, was wir sowieso schon denken und damit kein guter Coach in Liebesdingen ist.
Authentisch sein, um gut anzukommen
Paartherapeutin Anouk Algermissen betont, dass es beim Dating am wichtigsten ist, authentisch zu sein. Sich so zu zeigen, wie man tatsächlich ist. Das hält sie für eine wichtige Basis beim gegenseitigen Kennenlernen.
Zugleich sagt sie aber auch, dass das eines der schwierigsten Dinge beim Dating ist: Dass wir uns sicher fühlen und davon überzeugt sind, das wir uns dem anderen gegenüber öffnen und uns so zeigen können, wie wir sind. Wenn das das Ziel ist, sagt die Paartherapeutin, und wir das im Hinterkopf behalten, dann ist man auf dem richtigen Weg.
