Unternehmen arbeiten mit Routinen und Regeln. Lässt sich in solchen Rahmenbedingungen Kreativität fördern? Die Betriebswirtin und Psychologin Elke Schüßler über das, was wir über kreativitätsförderliche Arbeitsbedingungen wissen.

Die Kreativitätsforschung unterscheidet zwischen dem "small c", der kleinen Kreativität und dem "big C", der großen schöpferischen Kreativität. Beides ist in Unternehmen und Arbeitskontexten gern gesehen. Noch besser wäre es, große und kleine Kreativität ließen sich stimulieren.

"Kreativität ist immer auch Disruption."

Dabei könnte Kreativität auch als Gegensatz zu Organisationen verstanden werden. Unternehmen sind hierarchische Gebilde, sie arbeiten mit Regeln und Routinen. Sie reduzieren Unsicherheit, indem sie für geregelte Abläufe sorgen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin weist darauf hin, dass Routinen entlasten und für Freiraum sorgen können: Das wiederum kann kreative Prozesse begünstigen.

Kann man Kreativität anordnen?

Die Forschungslage zu Kreativität in Unternehmen ist teils widersprüchlich. Schüßlers Ansicht nach geht es bei Kreativitätsförderung in Betrieben um eine bestimmte Haltung. So sei der Erfolg der Post-its nur möglich gewesen, weil das dafür verantwortliche Chemieunternehmen mit einer vermeintlichen Fehlentwicklung kreativ umgegangen sei.

3M, das Unternehmen, habe einen Klebstoff entwickelt, der nicht gut klebte. Statt die Entwicklung als Fehlschlag zu verwerfen, habe man nach Einsatzmöglichkeiten dafür gesucht. Als dann ein Kollege erzählte, dass ihm im Chor immer die als Lesezeichen eingelegten Papierstreifen aus den Noten fielen, war der Anwendungsfall für das Produkt gefunden: Die ablösbaren Post-Its begannen ihren Siegeszug um die Welt.

"Es gibt Forschung, die sagt, zeitliche Beschränkungen, Deadlines fördern die Kreativität. Im Stress bringt man was voran. Gleichzeitig gibt es Forschung, die genau das Gegenteil zeigt: Unter zu viel Zeitdruck entsteht keine Kreativität."

Inzwischen werde gezielt versucht, kreative Freiräume in Unternehmen und Abläufe zu implementierten. Hubs und andere Möglichkeiten zum Ausprobieren würden in die bestehenden Routinen aufgenommen.

"Wenn alle jetzt immer das Gleiche machen, um kreativer und innovativer zu sein, entsteht dann überhaupt noch Kreativität?"
Elke Schüßler, Betriebswirtin und Psychologin, Universität Linz

Elke Schüßler ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Vorständin des Instituts für Organisation an der Johannes Kepler Universität Linz. Ihren Vortrag "Organisierte Kreativität: Routinen und Praktiken" hat sie am 16. Mai 2022 im Rahmen der öffentlichen Vorlesungsreihe "Heureka! Kreativität - oder wie das Neue entsteht" an der Johannes Gutenberg Universität Mainz gehalten.

Shownotes
Organisationsforschung
Was Unternehmen kreativ macht
vom 28. Juli 2023
Moderation: 
Katja Weber
Vortragende: 
Elke Schüßler, Betriebswirtin und Psychologin, Johannes Kepler Universität Linz
    Quellen aus der Folge: