• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Mit der Wahl von Papst Leo XIV. startet die Diskussion über die Zukunft der Kirche: Wird sie eher liberal oder konservativ? Auch Theo Schenkel, Lehrer und Mitglied der #OutInChurch-Bewegung, fragt sich, wohin die Kirche jetzt steuert.

Ungewöhnlich an der Wahl des Papstes Leo XIV. sei vor allem: die recht schnelle Einigung der Kardinäle des Konklaves, das – mit 69 Jahren – vergleichsweise junge Alter des neuen Papstes und dass der neue Würdenträger ursprünglich aus den USA stammt, sagt unser Korrespondent Jan-Christoph Kitzler. Denn US-amerikanische Kardinäle seien bei den Kardinälen in Rom nicht besonders beliebt, fügt er erklärend hinzu.

"Der ist jemand, dem die Kardinäle offenbar zutrauen, dass er den Laden zusammenhält."
Jan-Christoph Kitzler, ARD-Korrespondent

Robert Francis Prevost, so heißt der Papst mit bürgerlichem Namen, sei zugutegekommen, dass er der "unamerikanischste" US-amerikanische Kardinal sei, den man sich vorstellen könne, sagt unser Korrespondent. Zudem stehe er der Trump-Administration sehr kritisch gegenüber.

"Das ist niemand, der auf Trump-Linie ist, der hat sich auch ziemlich kritisch zur US-Politik geäußert."
Jan-Christoph Kitzler, ARD-Korrespondent

In einem Tweet hatte Prevost – noch als Kardinal – Kritik am US-amerikanischen Vizepräsidenten JD Vance und seinem Verständnis von christlicher Nächstenliebe geäußert.

Leo XIV.: Kein Hardliner, aber Traditionalist?

Noch sei es zu früh, um genau einzuschätzen zu können, wie sich Papst Leo XIV. in wichtigen Fragen positionieren werde, sagt Jan-Christoph Kitzler. Kritiker, die sich mehr Gerechtigkeit und Einheit in der Katholischen Kirche wünschen, freuen sich zumindest darüber, dass der neue Papst nicht als Hardliner gilt und gewisse reformatorische Bemühungen seines Vorgängers mitzutragen scheint.

Zurückhaltend bei Positionierung zu wichtigen Fragen

Jan-Christoph Kitzler schätzt den neuen Papst als weltoffen ein, denn er spricht viele Sprachen und hat lange in Peru gelebt, zudem gilt er als guter Zuhörer, Kommunikator und Verhandler.

"Es ist überraschend, dass zum ersten Mal ein US-Amerikaner gewählt wurde. Ich glaube, er wurde gewählt, weil er der "unamerikanischste" der Kardinäle ist, den man sich vorstellen kann."
Jan-Christoph Kitzler, ARD-Korrespondent

Dass er möglicherweise für die nächsten 15 Jahre auf dem Heiligen Stuhl verbleiben und die Katholische Kirche dadurch maßgeblich prägen könnte, müsse den Kardinälen bei der Wahl des vergleichsweise "jungen" Kandidaten klar gewesen sein, sagt Jan-Christoph Kitzler. Er hält es für eine mutige Entscheidung des Konklaves.

Einheit und Gerechtigkeit - Predigt vs. Realität

Theo Schenkel ist trans und katholischer Religionslehrer. Dass er diesen Beruf ausüben kann, ist keine Selbstverständlichkeit: Er musste dafür kämpfen. Als Mitglied der #OutInChurch-Bewegung setzt er sich für Veränderungen in der Katholischen Kirche ein. Auch Theo war sehr gespannt darauf, auf wen die Wahl des Konklaves fallen würde.

"Von dem, was aktuell möglich ist, ist es eine gute Option."
Theo Schenkel, katholischer Religionslehrer und Mitglied der #OutInChurch-Bewegung

Gewünscht hatte er sich einen Papst, der Einheit und Gleichheit nicht nur predigt, sondern auch lebt und sich für mehr Gleichberechtigung einsetzt. Wie der Papst zu queeren Themen und der Frage nach der Frauenordination steht, ist Theo wichtig. Obwohl Papst Leo XIV. beispielsweise die Frauenweihe nicht befürwortet, glaubt Theo dennoch, dass der neue Papst eine vergleichsweise gute Option ist.

Er wünscht sich, dass der Papst, der bei vielen Themen bisher zurückhaltend war, sich eindeutiger positioniert. Das würde es Theo erleichtern, eine Haltung zu den Positionen des Papstes und der Katholischen Kirche einzunehmen.

Außerdem wünscht er sich einen Papst, der Fehler eingestehen kann und die Missbrauchsfälle und die damit verbundenen Machtstrukturen innerhalb der Kirche kompromisslos analysiert und aufarbeitet.

"Der Papst ist auf jeden Fall eine Person, mit der ich mich regelmäßig auseinandersetzen muss. Für meinen Glaubensalltag ist er nicht jemand, den ich als Vorbild habe."
Theo Schenkel, katholischer Religionslehrer

Theo glaubt, dass die Katholische Kirche toleranter gegenüber queeren Menschen werden könnte. Es sei wichtig, dass queere Menschen und Frauen "gesehen" werden - davon ist er überzeugt. Ihre Anliegen müssten von der Kirche ernst genommen werden. Und die Kirche sollte sich darum bemühen, Antworten zu bieten, die heute relevant sind. Das sei ausschlaggebend für eine Veränderung.

"Kirche müsste es schaffen, den Menschen das Gefühl zu geben, dass sie sie und ihre Fragen ernst nimmt."
Theo Schenkel, katholischer Religionslehrer

Ein Umdenken in der Gesellschaft hält Theo durch persönliche Begegnungen für möglich. Dadurch können Menschen abstrakte Themen mit einem Gesicht und einer persönlichen Biografie verknüpfen. Deswegen glaubt er, dass die Sichtbarkeit von queeren Menschen und Frauen innerhalb der Kirche wichtig ist.

Wird Leo XIV. den eingeschlagenen Weg fortsetzen?

Als Beispiel für die Reformbemühungen von Papst Franziskus nennt unser Korrespondent den synodalen Weg, den Papst Franziskus eingeschlagen hat: Er hat Gremien aus gewählten Laien und Geistlichen einberufen, die die Gesamtheit der Kirchenmitglieder repräsentieren sollten. Diese Vertreter haben dann über bestimmte Kirchenfragen diskutiert und darüber abgestimmt. Diesen reformatorischen Ansatz befürwortet Leo XIV., die Frage sei nur, ob und wie er diesen Weg, den Papst Franziskus begonnen hat, nun fortsetzen wird.

Im Gegensatz dazu, gibt es aber auch den einen oder anderen subtilen Hinweis dafür, dass Leo XIV. eher ein Traditionalist sein könnte.

Politischer Papst in der Tradition von Leo XIII.?

Die Wahl seines Namens und der Friedenswunsch an alle, bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Papst verweisen darauf, dass er möglicherweise einen stärkeren Fokus auf Friedensdiplomatie legen könnte. Das heißt, dass die Katholische Kirche auch bei Konflikten auf weltpolitischer Ebene stärker Einfluss nehmen könnte.

Dass er als Mann der Mitte und Einheit verstanden wird, deutet darauf hin, dass er keine großen reformatorischen Ambitionen haben könnte. Auch seine Aussage, dass eine Klerikalisierung von Frauen nicht die Lösung sei, ist ein Hinweis dafür, dass er eher an Traditionen festhalten könnte, statt Reformen auf den Weg zu bringen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

  • Unboxing News
  • Moderation: Nik Potthoff
  • Gesprächspartner: Theo Schenkel, katholischer Religionslehrer und Mitglied der #OutInChurch-Begegnung
  • Gesprächspartner: Jan-Christoph Kitzler, ARD-Korrespondent