Deutschlandfunk-Nova-Reporter Andreas Noll hat heute (01.06.) an den Parlamentswahlen in Frankreich teilgenommen. Gewählt hat er am Computer per Internet. Ein Vorbild für Deutschland?
Direkt funktioniert hat das mit dem Online-Wählen bei Andreas Noll nicht, am Ende konnte er aber seine Stimme für die französische Parlamentswahl abgeben. Andreas hat neben der deutschen auch die französische Staatsbürgerschaft.
Das Prozedere läuft so ab: Jede und jeder wahlberechtigte Franzose im Ausland, die oder der online wählen will, bekommt per E-Mail einen kryptischen Usernamen zugeschickt. Danach kommt noch ein Passwort per SMS. Damit hat das Einloggen auf die Wahlplattform bei Andreas aber zuerst nicht funktioniert, denn sowohl das Passwort als auch der Username wurden widerrufen. "Kann ja mal passieren", sagt er, "aber besonders vertrauenserweckend ist das nicht." Mit den neu versandten Zugangsdaten hat der Login geklappt.
Nach dem Login wurden Andreas die Kandidatinnen und Kandidaten für seinen Wahlkreis angezeigt, daraus konnte er auswählen. Ist das erfolgt, wird eine weitere E-Mail verschickt – mit einem Code, um die Auswahl zu bestätigen. "Das hat geklappt, und ich konnte mir einen Beleg ausdrucken, dass ich gewählt habe."
"Man bekommt einen kryptischen Usernamen per Mail geschickt und dann noch einige Zeit danach ein Passwort per SMS. Bei mir hat der Login damit aber nicht funktioniert. Bis ich dann festgestellt habe, dass sowohl SMS als auch der Usernamen widerrufen wurden."
In Frankreich gibt es für Auslandsfranzosen die Möglichkeit, bei den Parlamentswahlen online abzustimmen seit zehn Jahren. Die Bedingungen dafür sind vergleichsweise günstig: Frankreich ist zentralisiert aufgebaut und betreibt schon ein Online-Portal für viele Behördengänge, mit dem fast die ganze Bevölkerung erreicht wird.
Für Menschen im Ausland erscheint die Möglichkeit der Online-Wahl attraktiv, weil Abstimmungsorte für sie teilweise weit entfernt sind. In Frankreich lebende Franzosen können nicht online abstimmen.
Online-Wahlen in Deutschland sind kompliziert
In Deutschland sind Wahlen per Internet prinzipiell auch möglich. Jedenfalls hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung im Jahr 2009 Internetwahlen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es gibt aber große Hürden.
Eine Internet-Wahl müsste mit den von der Verfassung vorgegebenen Wahlrechtsgrundsätzen vereinbart werden können: allgemein, frei, geheim. Vor allem Letzteres wäre aufwendig zu gewährleisten. Der Bundeswahlleiter, angesiedelt beim Statistischen Bundesamt in Wiesbaden, schreibt dazu auf der Website:
"Insbesondere die Geheimhaltung einer Online-Stimmabgabe, die zwar informationstechnisch möglich erscheint, würde einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern und schließt die Nutzung privater PCs nach dem Stand der heutigen Technik aus."
"Dass dieses doch etwas komplexe Verfahren von Jüngeren, wo wir ja häufig besonders hohe Wahlenthaltungswerte haben, als attraktiv empfunden wird, glaube ich nicht. Es ist eher umständlich."
Prinzipiell möglich wäre eine sichere und geheime Wahl per Internet aber.
Manche Experten gehen davon aus, dass eine hürdenarme Möglichkeit, online die Stimme abzugeben, auch die Wahlbeteiligung steigern könnte. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai ist die Wahlbeteiligung auf einen historischen Tiefstand gefallen.
Deutschlandfunk-Nova-Reporter Andreas Noll geht nicht davon aus, dass eine Online-Wahl die Wahlbeteiligung signifikant steigern würde – jedenfalls nicht, wenn das Prozedere so abläuft wie aktuell in Frankreich: "Es ist eher umständlich."