Paul ist zwanzig und studiert in Oxford. Er hat in Kenia und in Köln gelebt, schreibt für das Online-Magazin "orange", hat im März als Flüchtlingshelfer auf Lesbos gearbeitet und bringt eine Zeitschrift heraus, die Texte geflüchteter Wissenschaftler veröffentlicht.
Pro Woche schreibt Paul fürs Studium in Philosophie, Politikwissenschaften und Volkswirtschaft mindestens zwei wissenschaftliche Essays, die dann einer seiner Profs auseinandernimmt. In seiner Freizeit bringt er das "Journal of Interrupted Studies" heraus. Darin haben Wissenschaftler, die sich auf der Flucht befinden, die Möglichkeit, ihre Arbeiten zu veröffentlichen. Für "orange", das Online-Magazin des Handelsblatts, und die Taz schreibt er über Großbritannien, den Brexit und Außenminister Boris Johnson. Eigentlich hat Paul am Wochenende auch gerne mal frei. Wir haben ihn überredet, für uns eine Ausnahme zu machen und uns im Studio zu besuchen.
"Es ging mir mal besser, als England noch Teil der EU war. Aber das Land will nicht mehr und das tut schon weh."
An sein erstes Vorstellungsgespräch an der Uni in Oxford erinnert sich Paul noch genau, weil es so skurril war. Ganz dem Klischee entsprechend saß der Professor neben einem Kamin, in dem ein Feuer prasselte. Noch bevor der Professor Paul begrüßt oder ihm die Hand gegeben hatte, stellte er ihm die erste Frage.
In die Luft schießen, um zu überleben
Paul sollte sich vorstellen, dass der Professor, seine Assistentin und Paul jeweils eine Waffe hätten und aufeinander schießen würden. Jeder mit einer anderen Wahrscheinlichkeit zu treffen - 30, 70 und 80 Prozent. Die Frage: Was müsste Paul tun, um zu überleben? Die Antwort: In die Luft schießen, zeitgleich würden sich der Professor und seine Assistentin gegenseitig erschießen. Die richtige Antwort wusste Paul zwar nicht, aber er wurde trotzdem zum Studium zugelassen. Inzwischen arbeitet er bei einem Projekt mit, das Studienbewerber kostenlos auf das Auswahlverfahren der University of Oxford vorbereitet.
Flüchtlingshelfer auf Lesbos
Auch in den Semesterferien lässt ihn das politische Engagement nicht los: Im März war er mit Freunden auf Lesbos, um als Helfer Flüchtlinge mit dem Nötigsten zu versorgen. Wenn er mit dem Studium fertig ist, kann sich Paul vorstellen, als Journalist zu arbeiten. Aber bis dahin lässt er sich Zeit und probiert vieles aus und reist.