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In Polen werden Menschen von der Polizei gefoltert und niemand wird dafür zur Rechenschaft gezogen.

Der polnische Fernsehsender TVN24 hatte vor kurzem eine Reportage mit dem Titel "Tod auf dem Polizeirevier" gezeigt. Dort ist zu sehen, wie ein junger Mann mit Handschellen gefesselt und in der Toilette des Reviers mit einem Elektroschocker gequält wird. Der 25-Jährige starb wenige Stunden danach.

Nicht der erste Fall von Folter auf Polizeirevieren in Polen. Das UN-Menschenrechtskomitee verlangt schon seit Jahren, dass Polen etwas gegen die Misshandlung von Personen in Polizeigewahrsam unternimmt. Das Problem: In Polen gibt es keinen Tatbestand Folter im Strafgesetzbuch. Bislang sind die Verantwortlichen davon ausgegangen, es würde ausreichen, wenn die Straftatbestände angewendet werden, die es gibt, erklärt unser Korrespondent Florian Kellermann. Im aktuellen Fall also zum Beispiel Körperverletzung oder fahrlässige Tötung. Und natürlich liegt auch eine schwere Verletzung der Dienstpflicht vor. Jetzt wird immer klarer: Es muss mehr passieren – Polen braucht den Straftatbestand der Folter.   

Ganz offensichtlich werde in Polen alles getan, um Polizisten zu schützen und klarzumachen, dass sie einen schwierigen Job zu erledigen haben, sagt Florian Kellermann. Ein taktisches Manöver des Innenministers, um zu sichern, dass die Polizei hinter ihm steht. Auch deshalb ist seit über einem Jahr nach dem Tod auf dem Polizeirevier nichts passiert. Es ist niemand angeklagt worden und es sei versucht worden, die Sache unter den Tisch zu kehren. Nach den schockierenden Aufnahmen ist die Regierung jetzt natürlich gezwungen, sich der Sache anzunehmen. 

"Das Problem: Polizisten belasten sich nicht gegenseitig und es gibt in der Regel keine weiteren Zeugen."
Florian Kellermann, Korrespondent in Warschau

Klar ist aber auch: Der aktuelle Fall ist nur die Spitze eines Eisberges, sagt Florian Kellermann. 33 Polizisten sind nach einem Bericht des Ombudsmanns für Menschenrechte zwischen 2008 und 2015 wegen ähnlicher Vergehen bei der Festnahme von Verdächtigen verurteilt worden. Der Bericht listet schreckliche Praktiken auf: Fast alle Verdächtige haben Schläge auf die Fersen und die Fußsohlen erhalten – weil sich diese Misshandlungen später nicht nachweisen lassen. Auch an den Genitalien wurden Festgenommene misshandelt. Dazu kommt noch psychische Folter. Unter anderem wurde den Gefangenen gedroht, sie zu vergewaltigen.

Auch deshalb fordert der Ombudsmann für Menschenrechte:  Festgenommene müssen künftig sofort Zugang zu einem Anwalt erhalten. Niemand darf mehr ohne Rechtsbeistand verhört werden. Eine große Verbesserung, weil dann ein Zeuge anwesend wäre, der im Notfall eingreifen und gegen die Polizisten aussagen könnte. Und dann gibt es noch einen Punkt, der helfen könnte: Wenn Polizisten in Polen mehr verdienen würden – und sich so endlich geeignete Kandidaten für den Job bewerben.

Shownotes
Polen
Tod in der Zelle
vom 31. Mai 2017
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Florian Kellermann, Korrespondent in Warschau