Wenn es um europäische Themen geht, dann debattieren die Mitgliedsstaaten das gerne in den eigenen Grenzen. Das muss sich ändern, fordert der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje.
Anfang März 2019 wendet sich Frankreichs Präsident Macron an die Bürgerinnen und Bürger in Europa. In Zeitungen in den 28 EU-Mitgliedsstaaten veröffentlicht er einen Gastbeitrag. Darin skizziert Macron sein Bild von Europa (es geht unter andrem um einen europäischen Mindestlohn, den Schutz der EU-Grenzen und die Lehren aus dem Brexit). "Um diesen Gastbeitrag zu realisieren, hat er 28 einzelne Zeitungen kontaktieren müssen", sagt Johannes Hillje. Der Politik- und Kommunikationsberater hat unter anderem für die Europäischen Grünen den Europawahlkampf 2015 mit gemanagt. Das Beispiel zeigt aus seiner Sicht: Von so etwas wie einer echten europäischen Öffentlichkeit sind wir noch weit entfernt.
Debatte bleibt in nationalen Blasen
Das zeigen auch die Reaktionen auf Macrons Entwurf. Deutsche Medien fragen deutsche Politikerinnen. In anderen Ländern greifen ähnliche Muster. So bleibt die Debatte in nationalen Blasen. Allein die Sprachbarriere als Argument reiche dafür aber nicht aus, sagt Hillje. "Die Sprache der EU muss Übersetzung heißen." Im EU-Parlament funktioniere das ja schließlich auch bei jeder Debatte.
Das Macron-Beispiel ist nur eines von vielen, das für Hillje zeigt, wie lang der Weg noch ist, den Europa gehen muss. "Wir brauchen eine europäische Perspektive auf europäische Themen." Einen echten Pluralismus der Stimmen. Und eine andere Art der Kommunikation über Politik. "Wir brauchen kein Selbstgespräch unter politischen Eliten", fordert er. So wie es häufig in deutschen Talkshows der Fall sei. Außerdem würden insgesamt immer noch zu wenige Journalistinnen aus Brüssel berichten.
"Politische Komplexität braucht journalistische Kapazität."
Doch die Arbeit der Medien sei nur einer von vielen Gründen, warum ein europäischer Diskurs immer noch nicht funktioniere. Mitverantwortlich dafür seien auch die Einrichtungen der EU. Denn bei den europäischen Institutionen herrsche ein großer digitaler Dilettantismus. "Eigentlich ist das Internet bestens geeignet für einen europäischen Diskurs", sagt Hillje. Eigentlich.
In Eine Stunde Talk erzählt Johannes Hillje, wie er sich eine europäische Öffentlichkeit vorstellt, warum der Wahlkampf nicht gut genug von den Parteien genutzt wurde - und warum er zurzeit kein politisches Mandat haben mag.
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