Der Bauernverband hat zu einer Protestwoche gegen die Politik der Bundesregierung aufgerufen. Aber wer geht da eigentlich wofür genau auf die Straße?

Die Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland sind unzufrieden. Sie sind nicht einverstanden mit den Kürzungsplänen der Bundesregierung bei den Subventionen für die Landwirtschaft. Die wurden zwar zum Teil wieder zurückgenommen. Vielen Landwirten reicht das aber nicht – und sie protestieren deshalb.

Die Einkommen der Landwirte schwanken mit den Agrarpreisen. In den letzten 20 Jahren haben diese Schwankungen stark zugenommen, erklärt Thomas Herzfeld. Er ist Direktor am Leibnitz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien. Viele Landwirte planen deswegen die Agrarsubventionen bei ihren Einnahmen fest ein. Zum Teil sorgen die Subventionen für Flächen auch dafür, dass höhere Pachtpreise verlangt werden. All das spielt eine Rolle in der Diskussion um die Förderungen und demnach auch für die Proteste.

Thomas Herzfeld, Direktor am Leibnitz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien
"Die Subventionen werden natürlich stark eingeplant in die Kalkulationen."

Wenn wir von "den Bauern" sprechen, wird es allerdings schwierig, denn so einheitlich ist die Gesamtheit der Landwirte nicht. Aufgerufen zu dem Protest hat der Deutsche Bauernverband (DBV). "Er ist der größte und wichtigste Interessenverband und vom Dorf bis zur Europäischen Union nach Brüssel vertreten", sagt Jule Reimer, Deutschlandfunk-Reporterin für Agrarwirtschaft und Agrarpolitik.

Nicht alle stehen hinter dem Bauernverband

Der Verband habe in den letzten Jahren eine stark am Weltmarkt orientierte Agrarpolitik befördert. Deutschland ist mittlerweile der viertgrößte Agrarexporteur. Auch, weil Schweinefleisch und Milchpulver nach Asien gehen. Unsere Reporterin erklärt, dass die Politik des Bauernverbands sehr auf Rationalisierung ausgerichtet ist, und es soll möglichst preiswert produziert werden. Das gab dann aber irgendwann auch Ärger, erklärt Jule Reims, sodass sich der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM) abgespalten hat.

"Die [Vertreter des BDM] würden gerne, dass EU-weit eine Mengenbegrenzung für die Milchproduktion durchgesetzt wird, damit die Preise dann auch höher gehen."
Jule Reimer, Deutschlandfunk-Reporterin für Agrarwirtschaft und Agrarpolitik

Auch die Bauernopposition AbL, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., stellt sich gegen die Politik des Deutschen Bauernverbands.

Etwa ein Zehntel der Landwirte in Deutschland sind Biobauern. Und auch sie ärgern sich über die Kürzungspläne der Bundesregierung. "Speziell beim Agrardiesel argumentieren sie: Wir benutzen weniger Pestizide, wir müssen Unkraut mechanisch bekämpfen", erklärt unsere Reporterin Jule Reimer.

"Die Landwirte sagen: 'Wir müssen grober den Boden lockern und schon mit Maschinen arbeiten. Das braucht Agrardiesel.'"
Jule Reimer, Deutschlandfunk-Reporterin für Agrarwirtschaft und Agrarpolitik

Und die Bio-Bauern sagen: Sie arbeiten schon an anderer Stelle klimafreundlicher als die konventionelle Landwirtschaft. Auch deshalb gehen sie zurzeit mit auf die Straße.

Ein Knackpunkt ist, dass die Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel wegfallen sollen. Auf die Landwirtschaftsbetriebe kommen also höhere Kosten zu. Allerdings ist das von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. "Der Durchschnittsbetrieb zum Beispiel in Niedersachsen, der ist 80 Hektar groß, der hat dadurch eine Kostenbelastung von 3.500 Euro", sagt Jule Reimer. In Niedersachsen seien die Höfe doppelt so groß wie in Süddeutschland, aber deutlich kleiner als in Ostdeutschland.

"Da gibt's große Agrarunternehmen. So ein 2.000 Hektar-Betrieb, da kommen ohne die Steuervergünstigungen möglicherweise mehrere zehntausend Euro zustande."
Jule Reimer, Deutschlandfunk-Reporterin für Agrarwirtschaft und Agrarpolitik

Am Ende gehen die Interessen bei kleinen und großen Agrarbetrieben allerdings auseinander, sagt unsere Reporterin. Der Bauernverband habe nämlich lange das Konzept ausgegeben: Wachse oder weiche. "Und da können die Kleinen nicht mithalten. Das sieht man zum Beispiel daran, dass die Gewinne, die in letzter Zeit gestiegen sind, in Süddeutschland weniger als halb so hoch sind wie in Ostdeutschland", so die Redakteurin. Deshalb sei auch die Zahl der Betriebe in den letzten Jahren deutlich geschrumpft. Viele hätten aufgegeben. Denn die Subventionen begünstigten eher die großen Betriebe.

Shownotes
Landwirtschaft
Diese Bauern streiken zurzeit
vom 09. Januar 2024
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Jule Reimer, Deutschlandfunk-Reporterin für Agrarwirtschaft und Agrarpolitik