Die Ungewissheit der aktuellen Corona-Phase löst in vielen Menschen Sorge oder sogar Panik aus, gerade wenn es um existenzielle Nöte geht. Mit welchen Mechanismen wir uns jetzt besser fühlen, erklärt uns eine Psychologin.

Bereits seit über drei Wochen gibt es ein Kontaktverbot in Deutschland, Läden, Restaurants und Kultureinrichtungen haben geschlossen und viele Menschen können nicht arbeiten. Wann das endgültig vorbei sein wird, kann nicht mal die Politik sagen und das macht vielen zu schaffen. Psychologin Anna-Marie Raith sagt: kämpft mit kleinen Strategien gegen das Gefühl der Hilflosigkeit an.

"Es wird auch eine Welt nach Corona geben und darüber könnt ihr auch gern schon mal nachdenken."
Anna-Marie Raith, Psychologin

Besonders wichtig sei nun, dass wir sowohl Zeiten haben, in denen wir über negative Dinge nachdenken dürfen, als auch Phasen, in denen wir nicht grübeln. "Nehmt euch bewusst Zeit für Gedanken und schreibt sie auf, vielleicht auch an einem bestimmten Ort", rät die Psychologin. Sorgenvolles Grübeln sollte im besten Fall nur tagsüber stattfinden, damit wir in den Nächten zur Ruhe kommen können.

Vielleicht ist jetzt Zeit für berufliche Umorientierung

Auch wenn es schwerfällt, sagt Anna-Marie Raith: "Fragt euch, was sind die Chancen der aktuellen Situation?", nutzt die Zeit zum Beispiel für eine berufliche Umorientierung oder versucht die Entschleunigung zu genießen.

Unsere Gedanken zu Corona sollen wir auch mit unseren Freundinnen und Freunden besprechen, rät die Psychologin: "Es kann entlastend sein, wenn man feststellt, dass andere Menschen ähnliche Sorgen haben." Jedoch sei es genau so wichtig, auch andere Themen zu besprechen – zum Beispiel die Zeit nach Corona. Jetzt habt ihr schließlich noch die Möglichkeit Pläne zu schmieden.

"Wenn der persönliche Leidensdruck so massiv ist, sollte man sich überlegen, ein psychotherapeutisches Angebot in Anspruch zu nehmen."
Anna-Marie Raith, Psychologin

Die soziale Isolation ist für viele Leute schon schwierig genug, dazu können existenzielle Ängste kommen. Viele Branchen sind massiv von Kurzarbeit oder sogar Arbeitslosigkeit betroffen, das kann sich extrem auf unsere Psyche auswirken. Zu einem gewissen Grad sei das normal, sagt Anna-Marie Raith. Doch sei unser Alltag von Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit, totaler Gleichgültigkeit, Angstzuständen und Panikattacken gezeichnet, müssten wir uns professionelle Hilfe suchen.

Hier bekommt ihr spontan, kostenlos und rund um die Uhr Hilfe:

  • Die Deutsche Depressionshilfe hat eine Übersicht von Krisendiensten und Beratungsstellen in ganz Deutschland erstellt. Dort bekommt ihr Hilfe bei psychosozialen Krisen und seelischen bzw. psychiatrischen Notsituationen. Auch anonym, wenn ihr das möchtet.
  • Telefonseelsorge: Hier könnt ihr anrufen, wenn ihr euer Problem erst mal besprechen wollt. Die Gespräche sind vertraulich und vielleicht der erste Schritt in eurer Krise.

Manchmal gehe es nur darum, mit fremden Menschen über ein Problem zu sprechen, dabei müsse nicht mal direkt eine Lösung gefunden werden. Psychotherapeutische Hilfe können wir aktuell auch regelmäßig in Form von Onlinesitzungen bekommen, weiß Anna-Marie Raith.

Und auch wenn zwei, drei oder vier weitere Wochen Kontaktverbot und soziale Isolation nicht besonders verlockend wirken, sollen wir nicht verzweifeln: „Schärft euren Blick für das Positive“, sagt die Psychologin. Das kann ein Telefonat mit der besten Freundin, schönes Wetter oder ein ganz besonders leckeres Abendessen sein. Mit dieser Einstellung können wir dann auch ganz sicher noch die nächsten Wochen wuppen.

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Shownotes
Psychische Gesundheit
Schwere Gedanken wegen Corona: Den Blick für das Positive schärfen
vom 14. April 2020
Moderation: 
Shalin Rogall
Gesprächspartnerin: 
Anna-Marie Raith, Psychologin