Nach der Razzia gegen mutmaßliche Reichsbürger und Rechtsterroristen, die einen Putsch geplant haben sollen, wird über eine Verschärfung des Waffenrechts diskutiert. Der Rechtsanwalt Andreas Jede ist Experte für Waffenrecht und findet, dass die Pläne in die falsche Richtung gehen.

Am 7. Dezember 2022 wurden bei einer der bisher größten Razzien in Deutschland 25 Personen festgenommen, die jetzt in Untersuchungshaft sitzen. Außerdem wurden Waffen, Munition, Geld und viele Unterlagen beschlagnahmt, die derzeit noch ausgewertet werden. Nadine Lindnder, unsere Korrespondentin im Dlf-Hauptstadtstudio in Berlin, berichtet, dass die Gruppe auch mehr Mitwisser hatte, als bisher bekannt war.

Nadine Lindnder, Korrespondentin im Dlf-Hauptstadtstudio in Berlin
"Die Gruppe hatte mehr Geld, mehr Waffen und auch mehr Mitwisser als bislang bekannt war."

Die Gruppe soll unter anderem einen bewaffneten Angriff auf den Bundestag und einen Umsturz geplant haben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser will deshalb das Waffenrecht in Deutschland weiter verschärften.

Waffenrecht in Deutschland

Andreas Jede ist als Rechtsanwalt Experte für Waffenrecht. Das heißt, er berät und vertritt Menschen in Deutschland, die Waffen besitzen. Seiner Meinung nach ist das Waffenrecht in Deutschland bereits so streng und so sehr reguliert, dass da kaum noch Spielraum für eine Verschärfung sei.

"In Deutschland haben wir eins der schärfsten Waffenrechte weltweit. Und wir regulieren alles, sogar den Besitz von Pfefferspray. Ich denke nicht, dass da noch viel Regulierungsbedarf besteht."
Andreas Jede, Rechtsanwalt und Experte für Waffenrecht

Wer in Deutschland eine Waffe besitzen darf:

Bei Waffen muss man unterscheiden zwischen freien Waffen, die jede volljährige Person erwerben darf, dazu gehört etwa ein Luftgewehr. Und es gibt verbotene Waffen: Einen Totschläger oder ein Springmesser darf niemand besitzen – ob mit oder ohne Waffenschein. "Da ist der Besitz strafbar", sagt Andreas Jede.

In Bezug auf die Razzia ging es um scharfe Schusswaffen. "Da gibt es verschiedene Voraussetzungen, die sehr eng betrachtet werden", erklärt Jede. Und weiter: "Man muss zuverlässig sein, man muss über 18 sein, man muss die persönliche Eignung besitzen, einen Sachkundenachweis, dass man damit auch vernünftig umgehen kann und darin geprüft ist."

Vor allem muss man aber auch ein sogenanntes Bedürfnis haben, also einen nachgewiesenen Grund für den Besitz einer Schusswaffe. Allein der Wunsch, eine Waffe zu besitzen, reicht dabei nicht aus, so Andreas Jede: "Ein Beispiel wäre ein Biathlonschütze. Der benötigt eine Waffe für seinen Sport, bekommt aber nur eine Kleinkaliberwaffe. Natürlich keine großkalibrige Waffe."

"Dieses Bedürfnis wird scharf geprüft und daran scheitern auch die meisten."
Andreas Jede, Rechtsanwalt und Experte für Waffenrecht

Wenn jemand in der Vergangenheit eine Waffenerlaubnis erhalten hat, heißt das nicht, dass er oder sie diese Erlaubnis für immer behalten kann. Andreas Jede erklärt, wenn zum Beispiel eine Person als Reichsbürger*in identifiziert werde, dann könne ihr eine Waffe und auch die Erlaubnis wieder abgenommen werden.

"In den Fällen, die bei mir auf dem Tisch liegen, ist das auch regelmäßig der Fall: Dann teilt der Verfassungsschutz mit: 'Wir sind der Meinung, dass ist ein Verfassungsfeind' und dann erteilt die Behörde keine Waffenerlaubnis."
Andreas Jede, Rechtsanwalt und Experte für Waffenrecht

Aus diesem Grund seien die Waffenbehörden aufgefordert, sich mit dem Verfassungsschutz auszutauschen, sagt Jede: "Dafür gibt es eine Abstimmung mit den Verfassungsschutzbehörden. Also die Waffenbehörden müssen regelmäßig anfragen, ob die Zuverlässigkeit gegeben ist. Und zuverlässig ist nicht, wer Reichsbürger ist.“

Waffenrechtsexperte: Fasers Vorschläge machen keinen Sinn

Andreas Jede ist der Meinung, dass die Vorschläge von Innenministerin Nancy Faser keinen Sinn machen. "Ich denke, dass das mangelnde Kompetenz im Waffenrecht ist. Also ich wüsste nicht, wie man da eine weitere Abstimmung hervorrufen soll", sagt er. Er glaubt auch weniger, dass die vielen Sportschützen, Jäger oder Sportler in Deutschland ein Problem sind.

Seiner Ansicht nach würden sich die meisten an das geltende Recht halten. "Und ob ich ein Extremisten durch ein verschärftes Waffengesetz davon abhalte, extremistisch aufzufallen, wage ich zu bezweifeln", so der Waffenrechtsexperte Andreas Jede, "Die illegalen Waffen sind das Problem in Deutschland nicht legalen."

Shownotes
Diskussion um schärferes Waffengesetz
Experte: "Illegale Waffen sind das Problem, nicht die legalen"
vom 13. Dezember 2022
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Andreas Jede, Rechtsanwalt und Experte für Waffenrecht