Außenminister Maas hat den Druck auf Russland erhöht, zur Aufklärung der Vergiftung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny beizutragen. Auch ein Baustopp der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 wird nun diskutiert.
Wie sollen die Bundesregierung und die EU auf die Vergiftung Alexej Nawalnys reagieren? Bislang wurde vermieden, den Fall mit der Fertigstellung des deutsch-russischen Gasprojekts Nord Stream 2 zu verknüpfen.
Maas verschärft den Ton
Das ist nun anders: Heiko Maas hat zwar gesagt, es gebe weiterhin gute Gründe für das Projekt Nordstream 2. Ausschließen, dass der Fall Nawalny "irgendwelche Auswirkungen auf dieses Projekt haben könnte", möchte der Außenminister aber nicht mehr. "Ich hoffe nicht, dass die Russen uns zwingen, unsere Haltung zu Nord Stream 2 zu ändern", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag". Er forderte von Moskau in den nächsten Tagen Beiträge zur Aufklärung der Vergiftung von Alexej Nawalny.
"Heiko Maas hat da ganz klar versucht, Bewegung reinzubringen."
Die Bundesregierung habe zwar bisher kein Ultimatum gestellt, nach dessen Ablauf bestimmte Schritte unternommen werden könnten, berichtet Johannes Kuhn aus dem Dlf-Hauptstadtstudio. Es wird aber darüber gesprochen. Auch die Nato und die EU machen Druck. Es geht um mögliche Sanktionen.
Moskau hingegen spielt den Fall herunter und verwahrt sich gegen die ausländische Einmischung. Das Großprojekt Nord Stream 2 kann dem Kreml aber nicht egal sein. Deutschland versucht also offenbar, die Druckmittel auf eine andere Ebene zu befördern.
Großprojekt für die Wirtschaft
Die Fertigstellung von Nord Stream 2 zu stoppen oder für unbestimmte Zeit auf Eis zu legen, ist eine "Zig-Millionen-Euro-Frage". An dem privatwirtschaftlichen Projekt sind etwa 100 Firmen beteiligt. Die wirtschaftlichen Konsequenzen wären gravierend und Schadensersatzforderungen stünden dann im Raum.
"Nord Stream 2 zu stoppen oder auf Eis zu legen, ist eine Zig-Millionen-Euro-Frage."
Neben der wirtschaftlichen gibt es die politische Komponente: Nordstream II war von Anfang an hoch umstritten. Das Projekt wurde 2015, kurz nach der Annexion der Krim durch Russland, durchgezogen. EU-Länder wie Polen, die baltischen Staaten und auch Dänemark sind dagegen.
Am 24. September treffen sich die Regierungschefs der EU. Wenn sie beschließen sollten, Nord Stream 2 mit in das Sanktionspaket hineinzunehmen, wäre das außenpolitisch eine große Geste.
"Außenpolitisch wäre das eine sehr, sehr große Geste, weil man ja eigentlich gegen seine eigenen Interessen handelt."
Nicht wenige Stimmen machen sich aber auch gegen einen Baustopp von Nord Stream 2 stark. Sie sagen, das wichtige Projekt dürfe nicht zur diplomatischen Verhandlungsmasse gemacht werden. Bislang war das auch die offizielle Position der Bundesregierung.
Ob sich das Wirtschaftsministerium dem deutlicheren Ton des Außenministers anschließen wird, bleibt abzuwarten. Die Unterstützung für Nord Strem 2 ist in der großen Koalition aber nie uneingeschränkt gewesen.
Russland müsste offen sein für Gespräche
Deutschland wünscht sich von der russischen Seite zunächst einmal den Willen, den Fall aufzuklären, und Kooperationsbereitschaft. Deutsche Ermittlern, im Idealfall mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen, könnten bei der Aufklärung mitarbeiten.
Die Experten müssten sich dann wahrscheinlich auch die Labore in Russland genauer anschauen. Konkret geht es um ein Gesprächsangebot Russlands darüber, wie Ermittlungen mit unabhängiger Beteiligung externer Ermittler überhaupt aussehen könnten. Das wäre der nächste Schritt.