Heruntergekommene Häuser mit kaputten Fenstern, Ratten und abgebröckeltem Putz – alleine 70 Stück soll es davon in Berlin geben, und sie sind sogar bewohnt. Oft haben die Bewohner keine andere Bleibe bekommen und nehmen aus Angst heraus alles in Kauf.
Das Geschäftsmodell mit Schrottimmobilien sieht so aus: Die Häuser werden nicht mehr saniert und aus ihnen und den darin lebenden Bewohnern wird herausgeholt, was herausgeholt werden kann. So beschreibt es Deutschlandfunk-Nova-Reporter Manfred Götzke, der sich zwei dieser Häuser in Berlin angesehen hat.
Das Modell funktioniert vor allem deshalb, da in den Häusern Menschen wohnen, die auf dem normalen Wohnungsmarkt nicht erfolgreich waren, weil sie beispielsweise die deutsche Sprache nicht sprechen können oder arbeitslos sind. Diese Menschen, die vor allem aus Rumänien und Bulgarien kommen, können sich meist nicht wehren, haben Angst rausgeschmissen zu werden und nehmen deshalb alles in Kauf.
"Es ist eine Gelddruckmaschine."
Die Vermieter dagegen verdienen viel Geld damit, sagt Susanna Kahlefeld, Politikerin der Grünen in Berlin. Die Behörden sehen sich in der Bekämpfung der Vermietung von Schrottimmobilien weitestgehend machtlos.
Von außen blättert der Putz ab, die Haustüre fehlt, im Innenhof stapelt sich der Sperrmüll - so beschreibt Manfred Götzke die Häuser von außen, die er mit der rumänischen Sozialarbeiterin Anges Simon besichtigt hat. Von innen ist es noch schlimmer.
"Bei einem Haus blättert von außen der Putz ab, die Haustür fehlt, im Innenhof sammelt sich immer wieder Sperrmüll. Und von Innen ist es wirklich der reine Horror."
Agnes Simon zeigt ihm Whatsapp-Nachrichten von Bewohnern, die berichten, dass sie beispielsweise als elfköpfige Familie in einer dreckigen Zweizimmerwohnung voller Mäuse und Kakerlaken leben. Im Innenhof würde sich der Müll stapeln, warmes Wasser gebe es nur sporadisch. Andere schreiben ihr von veralteten Sicherungskästen, die Funken sprühen, Schimmel an den Wänden und Heizungen, die nicht funktionieren.
Keine Beschwerden aus Angst
Mit Manfred Götzke haben die Bewohnerinnen und Bewohner kaum geredet und behauptet, dass im Haus alles in Ordnung sei. Agnes Simon erklärt ihm, dass die Menschen vor der Presse Angst haben. Der Hausmeister würde ihre Kinder bedrohen und sie würden sich davor fürchten, herausgeschmissen zu werden.
"Die Bewohner reden nicht, wenn die Presse fragt, weil sie totale Angst haben. Ihre Kinder werden bedroht vom Hausmeister – sie haben Angst rausgeschmissen zu werden."
Machtlose Behörden
Martin Hikel, der Bürgermeister von Neukölln, sieht seine Einflussnahme als beschränkt an. Er könne sich maximal die Häuser ansehen und verlangen, dass die Missstände beseitigt werden. Sein Eindruck sei aber, dass dennoch nur das offensichtlich Nötigste an den Häusern gemacht werde, weshalb die Mängel oft schnell zurückkommen würden.
"Wir können die Eigentümer bei offensichtlichen Mängeln immer wieder zu Nachbesserungen auffordern, aber unser Eindruck ist: Bei diesen Immobilien wird nur das augenscheinlich Nötigste gemacht."
Ein neues Wohnungsaufsichtsgesetz, das den Ämtern mehr Möglichkeiten bietet, sich leichter Zugang zu den Wohnungen zu verschaffen, hilft auch nur bedingt. Denn oft sind es die Bewohner selbst, die aus Angst den Zutritt verwehren.
Zumindest können bald die Kosten, die für den Bezirk durch derartige Häuser entstehen, auf den Vermieter umgelegt werden, sagt Manfred Götzke. Im Fall des besichtigten Hauses musste beispielsweise bereits vier Mal der Kammerjäger zur Bekämpfung von Ratten geholt werden.
Rücktritt des Besitzers Thilo Peter
Der Besitzer der besichtigen Häuser ist bekannt: Thilo Peter, Steuerberater, Vorstand des Ortsverbandes Charlottenburg Nord und Mitglied der Berliner CDU. Seit mehr als 15 Jahren besitzt er mehrere Schrottimmobilien. Auf die Anfrage von Manfred Götzke hat Thilo Peter nicht reagiert. Allerdings hat er – ohne sich dabei auf sein Verhalten als Vermieter zu beziehen – Mitte dieser Woche (11.08.2020) angekündigt, von seinem Amt in der Charlottenburger CDU zurückzutreten.