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Seltene Erden stecken in euren Handys, Laptops und Autos. Der Großteil davon kommt aus China - aber China liefert seit dem Handelsstreit kaum noch. Experten schlagen Alarm: Diese Abhängigkeit muss enden. Die Industrie in der EU ist sonst bedroht.

Sie heißen "Seltene Erden", kommen aber gar nicht so selten vor. Und "Erden" sind es auch nicht, sondern Metalle. 17 an der Zahl gibt es – die sogenannten Lanthanoide. Sie kommen weltweit vor, allerdings meist nur in geringen Konzentrationen.

Genau das macht ihren Abbau so aufwendig. Aus unserem Alltag sind sie allerdings nicht mehr wegzudenken. Sie stecken in Smartphones, Bildschirmen, Windrädern, Förderbändern und in unzähligen Elektromotoren.

"Ob im E-Motor im Auto, beim Scheibenwischer, Fensterheber, im Akkuschrauber – überall stecken kleine Motoren mit seltenen Erden drin."
Martin Erdmann, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Letztere stellt Rolf Treusch in seiner Firma Rotek Motoren her. Dabei ist er besonders auf ein Metall angewiesen: Neodym. Es hat eine sehr starke magnetische Kraft und ermöglicht, dass die Motoren besonders effizient und kompakt werden. Denn genau das, so der Diplomingenieur, wünsche sich der Markt.

Chinas Macht über die Lieferketten

Rund 70 Prozent der weltweiten Seltenen Erden kommen aus China. Auch fast die komplette Weiterverarbeitung findet dort statt. Diese Vormachtstellung ist kein Zufall, erklärt Geowissenschaftler Martin Erdmann. Er arbeitet an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und berät die Bundesregierung sowie deutsche Unternehmen zu Rohstofflieferketten. Er erklärt: Bereits in den 1990er-Jahren hatte China strategisch entschieden, sich auf diese Rohstoffe zu spezialisieren.

"Der Abbau ist mit radioaktiven Begleitstoffen verbunden. China hat diese Drecksarbeit übernommen und sich so ein Monopol aufgebaut."
Martin Erdmann, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Im April 2025 verschärft sich die Lage: China führt im Zuge des Handelskonflikts mit den USA Exportkontrollen ein. Seitdem brauchen Unternehmen spezielle Lizenzen – und die sind schwer zu bekommen. Für die Industrie in Deutschland bedeutet das Stress. "Die Unternehmen arbeiten hart am Limit", sagt Martin Erdmann, "Im schlimmsten Fall könnten Produktionen stillstehen."

Wie stark Firmen von den Engpässen betroffen sind

Rolf Treusch beobachtet die wachsende Abhängigkeit von China seit Jahren und hat sich frühzeitig darauf eingestellt. "Wir haben schon vor über zehn Jahren angefangen, Vorräte anzulegen", erklärt er. Heute verfügt sein Unternehmen über einen großen Magnetenbestand. "Wenn wir ein Jahr lang keine Lieferung kriegen, schlafen wit trotzdem ruhig", sagt er. Eine Aussicht auf neue Lieferungen gebe es nicht. "Unser Lieferant hat uns gesagt: Er kann und wird uns nicht mehr beliefern", sagt Rolf Treusch.

Parallel arbeitet seine Firma an Alternativen – etwa an Motoren mit Ferritmagneten, die ohne Seltene Erden auskommen. Allerdings sind die größer und je nach Baugröße weniger effizient. "Entweder wird der Motor ein Stück größer oder man muss halt auf ein Stück Leistung verzichten", sagt Rolf Treusch. Das sei nicht ideal, aber: "Wenn die Not groß ist, wird man erfinderisch und tut alles, um lieferfähig zu sein." Das sähen seine Kund*innen auch so.

Europa will raus aus der Abhängigkeit – zumindest auf dem Papier

Politisch kommt das Problem um die Abhängigkeit von China endlich an. Daher hat die EU den "Critical Raw Materials Act" aufgesetzt. Demnach sollen bis 2030 zehn Prozent der Seltenen Erden in Europa selbst abgebaut und 40 Prozent auch hier weiterverarbeitet werden.

Laut Martin Erdmann ist das prinzipiell ein "guter Rahmen". Allerdings gibt er zu bedenken: "Dabei handelt es sich mehr um Absichtserklärungen, die Zahlen sind nicht verpflichtend." Und er warnt vor überzogenen Erwartungen: "Bei der Bergwerksproduktion stehen wir in der EU aktuell praktisch bei null.“ Projekte gebe es zwar, etwa in Schweden, Frankreich oder Estland. Doch Genehmigungen, Umweltauflagen und Investitionen kosteten Zeit – oft ein Jahrzehnt.

Was für und gegen den Standort Deutschland spricht

Ein zentraler Hebel liegt laut Martin Erdmann bei langfristigen Abnahmeverträgen. In Deutschland produziert zum Beispiel die Firma Vacuumschmelze in Hanau
bereits Magnete – allerdings deutlich teurer als in China.

"Die Frage ist, ob wir bereit sind, in Deutschland zu produzieren und höhere Preise zu zahlen."
Martin Erdmann, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Außenminister Johann Wadephul zeigte sich nach seinem Besuch in China vorsichtig optimistisch. Es stehen Generallizenzen für europäische Unternehmen im Raum, sagte er. Ob es wirklich einfacher sein wird, diese zu bekommen, ist unklar.

So oder so: Der Aufwand bleibt, die Abhängigkeit auch. Martin Erdmann hofft daher, dass die Politik endlich aus der bestehenden Lieferkrise lernt und sich – und damit Wirtschaft und Industrie – für die Zukunft aufstellt.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an unboxingnews@deutschlandradio.de

Shownotes
Seltene Erden
Wie wir unabhängiger von China werden
vom 09. Dezember 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Rolf Treusch, Geschäftsführer der Firma Rotek Motoren & Getriebe
Gesprächspartner: 
Martin Erdmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)