Eines der bestvernetzten Länder der Welt ist Singapur. Um sich vor Angriffen zu schützen, greift das Land zu einer ziemlich ungewöhnlichen Methode. Die Behörden gehen offline.

Singapur - das kleine Land mit nur etwas mehr als fünf Millionen Einwohnern - investiert viel und ist, was das Internet angeht, ziemlich fortschrittlich. Sie haben ultraschnelles Netz: über 135 Mbit pro Sekunde, das ist mindestens zehn Mal so schnell wie bei uns.

Die Regierung von Singapur will in einem Jahr 100.000 Rechner in Ministerien und anderen staatlichen Einrichtungen vom Internet abschalten. Nur Lehrerinnen und Lehrer sollen dann noch auf Regierungsrechnern surfen können - schreibt die Zeitung The Straits
Times.

"Das ist vor allem deswegen krass, weil Singapur was das Internet angeht, sehr fortschrittlich ist."
Donya Farahani, DRadio-Wissen-Netzreporterin

Zur Behörde geht da keiner mehr, schreibt Spiegel Online. Fast alles kann man online erledigen. In einem Jahr geht das dann wahrscheinlich nicht mehr. Abläufe, die mithilfe des Internets vereinfacht und beschleunigt wurden, müssten dann wieder rückgängig gemacht werden. Klingt nach einem Rückschritt. Die Regierung nimmt das in Kauf.

Kommunikation über separates Internet

Die Behördenmitarbeiter sollen sich Mails in Zukunft über ein Intranet schreiben. Ob sie dann noch E-Mails von außen empfangen können, ist noch unklar.

"Es soll separate Terminals geben, mit denen die Mitarbeiter ins Internet gehen können. Ich stelle mir gerade die Schlange vor."
Donya Farahani

Außerdem sollen die Mitarbeiter auch noch mit ihrem Handy ins Netz können.

Drastische Maßnahme gegen Cyberangriffe

Es ist nicht unüblich, dass Unternehmen sehr sensible Daten auf Rechnern ohne Internet nutzen. Ohne Internet ist es schwierig, Schadsoftware auf den Rechner zu kriegen. Vor allem aus dem Ausland. Da muss schon einer mit einem Stick kommen. Die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs sinkt. Heutzutage sind aber nicht mehr nur E-Mail-Anhänge ein Problem.

"Hacker betreiben auch Social Engineering – sie kommen an Passwörter und sensible Daten, indem sie Nutzer manipulieren."
Donya Farahani

Einfachstes Beispiel: Einer ruft an, gibt sich als jemand aus dem Vorzimmer des Chefs aus. Oder über Social Media werden Leute gezielt angesprochen. Laut einer aktuellen Studie der Uni Luxemburg haben über 40 Prozent der Tester ihr Passwort im Tausch gegen Schokolade rausgegeben.

Kritiker sagen: Die Regierung gibt den Kampf damit auf – statt sich ausreichend zu schützen. Das Ganze sei ein Innovationskiller.

Singapur ist die Schweiz Asiens

Viele Superreiche bunkern ihr Geld in Singapur. Dort herrscht ein strenges Bankgeheimnis. Im vergangenen Jahr gab es 16 Cyberangriffe, die es geschafft haben, durch die Firewall zu kommen.

"Die Regierung befürchtet einen großen Angriff, wie im letzten Jahr bei einer wichtigen Personalbehörde der US-Regierung."
Donya Farahani

Da wurden Millionen sensible, persönliche Daten gehackt. Hacks im Finanzwesen könnten auf das ganze Land Auswirkungen haben.

Shownotes
Singapur
Schluss mit Netz
vom 15. Juni 2016
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Donya Farahani, DRadio-Wissen-Netzreporterin