In Kenias Hauptstadt Nairobi könnt ihr eine Slum-Safari in den Stadtteil Kibera buchen. Madonna war auch schon hier. In diesem Stadtteil, in dem fast eine Million Menschen in Armut leben, und der der größte Slum Ost-Afrikas ist. Die Bewohner, die angeglotzt und fotografiert werden, werden nicht gefragt. Sie haben auch nichts von diesen Guided Tours durch ihr Leben. Macht nix, die Touris sind voll des Lobes.
Unser Reporter Tobias Dammer hat auch eine Tour gebucht. Am Ende ist er einerseits peinlich berührt. Andererseits ist er ehrlich genug, um zuzugeben: Auf seiner Facebookseite wird so eine Sache ein Kracher.
"Our Kibera-based tour organisation would like to welcome you..."
Diese Begrüßung finden Interessierte auf der Website des Veranstalters "Kibera-Tours". Einer der Mitbegründer und Guides ist Freddy Otieno. Er kommt selbst aus Kibera und sagt, dass er die guten Seiten des Stadtteils zeigen will. Denn die gäbe es auch hier im Slum.
"Wir versuchen, die guten Seiten von Kibera zu zeigen. Und dieses Vorurteil der Leute zu ändern, dass Kibera total gefährlich ist. Schon der Name 'Slum' ist negativ."
Für umgerechnet etwa 25 Euro gibt es den Rundgang mit Freddy oder einem seiner Kollegen.
Zu sehen sind der Markt, Menschen bei der Arbeit, eine Schule mit singenden Kindern, Shopping-Optionen. Überall sind die Tourgäste scheinbar willkommen. Und überall finden sich erstklassige Fotomotive. Das erkennen natürlich auch die Teilnehmer, Motive werden identifiziert und ungefragt fotografiert. Safari eben.
Slum-Touristen benehmen sich wie im Zoo
Unser Reporter Tobias spricht einen der Typen an, die in Kibera leben. Es ist Chris, der seinen Lebensunterhalt mit der Wäsche von Autos verdient. Er erzählt, dass sich die Besucher teilweise wie im Zoo aufführen, was ihn natürlich ärgert. Peinlicherweise war auch ausgerechnet Madonna unter denen, die sich daneben benommen haben:
"Manche tun so, als wären wir in einem Zoo. Wie Madonna. Sie hat ein Foto von einem Abwasserkanal gemacht und gesagt: 'Guckt nur, was die Leute hier trinken!'"
Für Chris entsteht durch die Besuche des Slums keine Perspektive für die Leute, die hier leben. Denn von dem Geld, das mit in Kibera geschossenen Fotos gemacht wird, haben die Bewohner des Slums selbst nichts.
"Die Leute kommen hierher, machen Fotos und verkaufen sie dann in ihren Ländern. Die machen Geld damit und wir sehen hier nie irgendeine Entwicklung."
Was am Ende bleibt
Für unseren Reporter bleibt die Frage, was falsch daran sein könnte, in einem Geschäft, das in einem Slum liegt, einzukaufen. Immerhin - so sein Schluss - haben einige wenige Bewohner von Kibera profitiert. Und es bleibt auch das Gespräch mit Chris über die Fotografie. Und über Madonna. Außerdem bleibt die ehrliche Einschätzung von Tobias:
"Nur edle Motive sind es nicht, die mich antreiben, sondern ich will auch auf Facebook punkten. Da muss es schon Kibera sein, der größte Slum von Afrika - das Krasseste, was Nairobi zu bieten hat."