Der Planet Mars war zwei Wochen lang hinter der Sonne verschwunden. Und nicht nur das. Auch die Raumsonden, die den Mars umkreisen oder auf seiner Oberfläche herumfahren, waren von der Erde abgeschnitten. Was das für Raumfahrt bedeutet, erklärt Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Michael Büker.

Der Astrophysiker Michael Büker erklärt, wie es sein kann, dass der Mars etwa alle zwei Jahre von der Sonne verdeckt wird: Er sagt, man müsse sich das Sonnensystem wie einen riesigen Kreisverkehr mit mehreren Spuren vorstellen. Und die Erde läuft dabei innen – mit einer höheren Geschwindigkeit. "Der Mars hingegen fährt weiter außen und ist dabei langsamer. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass die beiden Planeten auf unterschiedlichen Seiten der Sonne stehen", sagt Michael.

"Stell dir das Sonnensystem wie einen Kreisverkehr vor – aber einen riesigen!"
Michael Büker, Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist

Derzeit befinden sich Erde und Mars also auf gegenüberliegenden Seiten des Sonnensystems. Und dazwischen liegt die Sonne. Damit ist der Mars rund 380 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Das ist so ziemlich der größtmögliche Abstand. Wenn Mars und Erde sich auf der gleichen Seite der Sonne befinden und besonders nah aneinander vorbeiziehen, beträgt der Abstand 55 Millionen Kilometer, also gerade mal ein Siebtel der aktuellen Entfernung. Die genaue Distanz hängt auch noch davon ab, wo genau auf ihrer Umlaufbahn die beiden Planeten sind – denn besonders die Mars-Umlaufbahn ist kein perfekter Kreis, sondern eine Ellipse.

Die "Opposition" ist gut für Marsmissionen

Die Bewegungen der Planeten im Sonnensystem lassen sich im Voraus sehr gut berechnen: Alle 25 Monate, also grob gesagt alle 2 Jahre, verschwindet aus unserer Sicht der Mars hinter der Sonne – das heißt astronomisch "Konjunktion", weil er dann bei der Sonne steht. Jeweils zwölfeinhalb Monate danach sind sich Mars und Erde bei der "Opposition" besonders nahe.

Das ist dann auch für die Raumfahrt günstig, und es sind seit Mitte der 90er-Jahre zu beinahe jeder Opposition neue Sonden zum Mars gestartet. 2003 waren es zum Beispiel gleich drei Missionen aus Europa und den USA, und 2020 sogar jeweils eine aus China, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

"Wenn Raumsonden Kommandos von der Erde falsch verstehen, kann das gefährlich werden."
Michael Büker, Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist

Das Problem ist, dass die Atmosphäre der Sonne, die sogenannte Korona, nur so vor elektrisch geladenen Teilchen wimmelt. Die können Funksignale stören oder verzerren. Und das bedeutet zwei Sachen: Erstens können wir auf der Erde die schwachen Signale der Raumsonde nur noch sehr schlecht empfangen und deshalb die Lebenszeichen der Sonden, die Bilder von ihren Kameras oder die Messwerte ihrer wissenschaftlichen Instrumente womöglich falsch verstehen.

Das zweite Problem ist aber noch viel schwerwiegender: nämlich, dass die Raumsonden Kommandos von der Erde falsch verstehen könnten. Wenn es zum Beispiel um die Ausrichtung der Sonde geht. "Angenommen, die Erde schickt ein Kommando an eine Sonde: 'Solarpanel zur Sonne ausrichten'. Wenn nun aber die Raumsonde wegen Funkstörungen das Gegenteil versteht, also: 'Solarpanel von der Sonne weg drehen', dann könnte sie sich ihre Stromversorgung abschneiden und verloren gehen", sagt Michael Büker.

Zwei Wochen Funkstille

Aus diesem Grund wird vorab mit der Sonde vereinbart, was in der entsprechenden Zeit ablaufen soll. Etwa nach dem Motto: 'Liebe Sonde, wir schicken jetzt zwei Wochen keine Kommandos, aber Du machst bitte folgende Manöver, Fotos und Messungen, und schickst uns dann nächsten Montag die Ergebnisse'. Bei der NASA umfasst diese Pause zwei Wochen. Am 24.11.2023 endete sie. "Bei der ESA sind es sogar drei Wochen, und alle sind in den Kontrollzentren immer heilfroh, wenn die Zeit rum ist, und die Sonden noch intakt sind und wieder wie gewohnt ihre Daten zur Erde funken", sagt Astrophysiker Michael Büker.

Shownotes
Sonnensystem
Wenn die Sonne den Mars verdeckt
vom 26. November 2023
Moderator: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartner: 
Michael Büker, Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist