Einsamkeit sei so gefährlich wie Rauchen oder Alkoholismus, dieses Fazit zieht der US-amerikanische Psychiater Robert Waldinger aus Langzeitstudien. Weshalb soziale Beziehungen so wichtig sind und wie wir sie immer wieder knüpfen können.

Die körperliche Nähe zwischen Menschen kann ein Gefühl von Sicherheit geben – das senkt die Stressachsen. "Wir wissen, dass Stress die Gefahr für psychische und körperliche Krankheiten erhöht", sagt der Facharzt für Psychosomatische Medizin, Bastian Willenborg. Er ist überzeugt, dass der Mensch das Gefühl der Zusammengehörigkeit zum Leben braucht.

"Wenn wir in sozialen Kontakten sind, passiert ganz viel in unserem Körper. Beim Blick in die Augen eines anderen setzt das Oxytocin-Bindungshormone frei."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie

Der Facharzt meint, dass es sich dabei um etwas ganz "Evolutionäres" handeln könnte. Langzeituntersuchungen des US-Amerikaners Robert Waldinger zeigen, dass einsamen Menschen eine Art Korrektiv fehlt: "Wenn du ständig Kopfschmerzen hast, solltest du dich vielleicht mal durchchecken lassen", könnte ein Tipp sein, den uns das soziale Umfeld gibt. Außerdem erinnern uns Freund*innen an unsere Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen, sagt Psychotherapeut Bastian Willenborg.

"Der erste Schritt könnte sein, dass wir sagen: 'Lass uns mal was Gesundes kochen' oder 'Lass uns zusammen Sport machen'."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie

Leben durch Kontakte verbessern

Bewegung und Ernährung funktionieren im Kollektiv gut. Bastian Willenborg: "Wenn du allein bist, wirst du wahrscheinlich eher mal ne Tiefkühlpizza in den Ofen schieben." Psychotherapeut Bastian Willenborg berichtet, dass ihn Menschen aufsuchen, die allein leben und sich auch einsam fühlen, "weil sie wirklich keine Kontakte haben."

Auf der anderen Seite behandelt der Arzt Menschen, "die viel auf andere achten – aber wenig auf sich selbst", erklärt der Facharzt. Diese Personen fühlen sich nicht nur einsam, teilweise "sind so auch einsam", sagt der Therapeut. Und das kann sein, obwohl sie nicht allein sind. Teilweise haben sie Familie, Job und Freund*innen. Bastian Willenborg: "Solchen Patient*innen versuche ich zu vermitteln, dass sie wahrnehmen, was sie brauchen und welche emotionalen Bedürfnisse sie haben."

Es sei wichtig, den hilfesuchenden Personen zu vermitteln, dass sie ihre Bedürfnisse in Worte fassen. Der Psychiater erklärt, dass selbstunsichere Menschen sich eher einsam fühlen. Eine Lösung für sich einsam fühlende Menschen könnte sein, alte Kontakte wieder aufleben zu lassen. Das sei leichter umzusetzen als wir denken, so Bastian Willenborg.

Kontakte auch in der Therapie knüpfen

In der Therapie geht er biografisch mit Patient*innen Kontakte durch, die reaktiviert werden könnten. Weiter versucht er, einsame Personen in der Gruppe zu behandeln, sodass sich während der Gespräche bereits Kontakte etablieren können. Auf diese Weise können die Teilnehmenden sich nach Ende der Therapie in Selbsthilfegruppen organisieren und beraten.

Als persönlichen Hinweis gibt Psychotherapeut Bastian Willenborg, sich immer wieder mit Freunden aus verschiedenen Lebensabschnitten auszutauschen. "Das funktioniert auch sehr gut am Telefon", sagt er. Wenn einem solche Freundschaften fehlen, könnten wir schauen, wo sich Leute in der Freizeit regelmäßig treffen – beispielsweise im Sportverein.

"Eine andere Möglichkeit wäre, sich ehrenamtlich zu engagieren. Dass Patient*innen diese Hürden nicht überwinden, könne "am inneren Schweinehund" liegen, aber auch an der "Angst vor Bewertung" durch andere, sagt Psychotherapeut Bastian Willenborg.

Shownotes
Gut leben
Gesund und glücklich: Wie soziale Kontakte dazu beitragen
vom 05. Januar 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie