Auf bekannte Menschen Geld in Form einer Kryptowährung in einem blockchain-organisierten, sozialen Netzwerk setzen – das ist die Idee von Bitclout. Einige halten es für das nächste große Ding, andere warnen vor einem großen Betrug.
Auf den ersten Blick ist bei Bitclout alles ähnlich wie bei Twitter oder Facebook: Man kann ein Profil anlegen, kurze Texte oder Bilder posten und im Newsfeed sieht man die Beiträge der anderen Nutzerinnen und Nutzer.
Auf den zweiten Blick ist aber vieles anders als bei Twitter oder Facebook: Bitclout speichert beispielsweise die Nutzerdaten nicht auf einem zentralen Server, sondern in einer Blockchain, also in einer dezentralen Datenbank. Es gibt also keinen Konzern, der das Netzwerk als zentrale Instanz kontrolliert und so beispielsweise Nutzerinnen löschen könnte oder Einfluss auf die geposteten Inhalte nehmen könnte, erklärt die Wirtschaftsjournalistin Katja Scherer.
"Es gibt bei Bitclout keinen Konzern, der das Netzwerk als zentrale Instanz kontrolliert und zum Beispiel unerwünschte Nutzer löschen kann."
Außerdem ist mithilfe der Blockchain eine eigene Kryptowährung geschaffen worden: Bitclout. Mit dieser Währung können die Nutzerinnen und Nutzer auf der Plattform investieren – und zwar in berühmte Menschen und deren Aufstieg.
Auf Influencerinnen und Influencer spekulieren
Dazu muss man aber erst sein Geld in Bitcoin und von Bitcoin in die dem Netzwerk zugehörige Kryptowährung Bitclout umwandeln. Ist das erledigt, erhält man sogenannte Creator Coins, mit denen Nutzerinnen und Nutzer dann Anteile an zum Beispiel bekannten Leuten wie Elon Musk, Barak Obama oder Heidi Klum kaufen kann.
Im Endeffekt kann sich aber jede beliebige Person, also wir alle, ein eigenes Konto anlegen und ihre eigenen Creator Coins kreieren und verkaufen. Ein Grafik-Desginer kann beispielsweise für die Person, die Coins von ihm gekauft hat, eine bestimmte Leistung erbringen, wie das Bauen einer Webseite. Ob sich das für Privatpersonen wirklich rentiert, ist allerdings noch nicht klar. Größere Bekanntheiten lassen sich beispielsweise Life-Sessions für ihre Fans mit Coins bezahlen.
Soziales Ranking in Form von Kapitalverteilung
Idee der Plattform ist es, dass diese Coins an Wert gewinnen, wenn vor allem die Stars auf der Plattform und im echten Leben beliebter und renommierter werden und damit auch immer mehr Leute in sie investieren wollen. Leisten sich die Prominenten beispielsweise einen Fauxpas im realen Leben, kann es auch schnell in die andere Richtung gehen. Das erinnere schon fast an das Social-Ranking-System aus China, kritisieren manche.
"Die Idee ist, dass diese Coins an Wert gewinnen, wenn die Stars auf der Plattform beliebter werden – wenn also auch viele andere Nutzer Creator Coins von zum Beispiel Elon Musk kaufen."
Und es gibt noch einige andere Kritikpunkte an dem neuen Netzwerk, das gerne alle anderen sozialen Netzwerke wie Twitter, Instagram oder Facebook in sich vereinen und abschaffen würde.
Viele Bedenken, wenig Transparenz
Beispielsweise kann man das Geld, das man bei Bitclout investiert hat, nicht mehr in Bitcoins, geschweige denn in Euro oder Dollar umwandeln. "Dein Reichtum ist dann quasi bei Bitclout gefangen", erklärt es Katja Scherer. Bitclout selbst schreibt dazu, dass die Nutzerinnen und Nutzer profitieren sollen, indem sie beispielsweise mit Creator Coins handeln – sie also billig kaufen und teuer verkaufen.
Wirtschaftsjournalistin Katja Scherer hat außerdem festgestellt, dass sie sich zwar sehr einfach anmelden konnte, dann aber sofort die neue Kryptowährung Bitclout hätte kaufen müssen, um ihr Profil überhaupt zu vervollständigen und einen Post absetzen zu können.
"Ich persönlich fand komisch, dass ich mich bei Bitclout zwar total einfach anmelden konnte, dann aber sofort diese neue Kryptowährung Bitclout hätte kaufen müssen."
Die Gründer des Netzwerkes sind bisher unbekannt. Gerüchten zufolge könnten sie aus dem Silicon Valley kommen, jedoch gibt es weder ein Impressum noch eine Antwort auf eine Mailanfrage von uns.
Und auch die Profile von Elon Musk oder Heidi Klum wurden nicht von den Promis selbst hinzugefügt, sondern von den Gründern. Diese haben zum Start des Netzwerks einfach 15.000 berühmte Twitter-Profile in ihr Netzwerk kopiert, um so den Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad zu steigern.
Networken ohne große Tech-Konzerne im Rücken
Die Befürworterinnen der Plattform finden vor allem den Aspekt spannend, dass nicht mehr die großen Tech-Konzerne mit den Nutzerdaten Geld verdienen, sondern die Nutzer selbst die Macht über ihre Gewinne und das Netzwerk an sich haben. Diese Idee ist bisher allerdings noch sehr vage, manche Experten gehen auch von Betrug aus.
"Das Ganze ist nämlich echt riskant – und manche Experten warnen, dass es sogar Betrug sein könnte."
Wer also Interesse hat, in das neue Netzwerk zu investieren, sollte es vielleicht erstmal mit kleinen Summen versuchen, bei denen es im Zweifelsfall nicht wehtut, wenn sie weg sind, rät Katja Scherer.