Eigentlich wollte Elisabeth Maggie Philipps mit "The Landlord's Game" erreichen, dass die Menschen die schlimmen Folgen des Kapitalismus verstehen. Heute heißt das Spiel "Monopoly" – und kommt eher als Übungseinheit für künftige Immobilien-Mogule daher.

Ende des 19. Jahrhunderts lebt Elisabeth Maggie Philipps im US-Bundesstaat Illinois. Sie ist Quäkerin und glühende Anhängerin der Lehren des Ökonomen Henry George. Der hatte kurz zuvor bei einem Besuch in New York den enormen Unterschied zwischen Arm und Reich hautnah erlebt. Als Ursache dafür hatte er die Bildung von Monopolen und die ungleiche Verteilung von Landbesitz ausgemacht.

Die überraschende Grundidee von Monopoly: Antikapitalismus!

Und er hatte auch eine Lösung parat: Gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, die Aufhebung von Privilegien bei Grundbesitz und die Einführung eines ÖPNV – erstaunlich aktuelle Ideen. Zudem hatte er die Vorstellung, dass der Mensch nur besitzen dürfe, was er durch eigene Arbeit geschaffen hat und dass Erträge der Natur allen Menschen gehören.

"Ich hoffe, in sehr kurzer Zeit, werden Männer und Frauen begreifen, dass ihre Armut daher kommt, dass Carnegie und Rockefeller möglicherweise so viel Geld haben, dass sie nicht wissen, was sie damit machen sollen."
Elisabeth Maggie Philipps in einem Interview über das Ziel ihres "The Landlord's Game"

Um diesen Gedanken auch bei Menschen publik zu machen, die sich nicht mit ökonomischen Theorien beschäftigen, entwickelt Elisabeth Maggie Philipps 1904 das Spiel "The Landlord's Game".

Es ist genauso aufgebaut wie das heutige Monopoly, folgt aber einer gegenteiligen Intention: Der Spieleerfinderin geht es darum, dass die Menschen durchs Spielen verstehen, dass die Anhäufung von Reichtum zu Lasten anderer geht und gleichzeitig die Ursache für soziale Ungerechtigkeiten ist.

"The Landlord's Game" wird zu "Monopoly"

1935 verkauft sie das Patent an einen Spielehersteller, der die Urheberschaft einem Spieleentwickler zuschreibt und "The Landlord's Game" als "Monopoly" auf den Markt bringt. Das Spiel tritt einen weltweiten Siegeszug an und macht auch nicht vor dem nationalsozialistischen Deutschland halt, wo es 1936 auf den Markt kommt.

Die Prachtstraße in der NS-Version heißt "Insel Schwanenwerder". Heute liegt das im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Damals hatten dort viele NS-Größen teuer Villen von emigrierten Juden billig erworben, weswegen das Spiel als "Kapitalistenspiel jüdisch-spekulativen Charakters" verboten wird.

Ein selbst gebastelter Spielekoffer mit einem Monopoly-Spiel aus der DDR
© picture alliance / ZB | Hendrik Schmidt
Ein selbst gebastelter Spielekoffer mit einem Monopoly-Spiel aus der DDR (2012 in der Ausstellung "Nachgemacht - Spielekopien aus der DDR" im Deutschen Spielemuseum Chemnitz)

1953 kommt es in der Bundesrepublik schließlich wieder in die Läden – allerdings mit unverdächtigen Namen wie "Turmstraße" oder "Schlossallee". In der DDR ist "Monopoly" allerdings verboten, wird aber nachgebaut und im Geheimen gespielt.

Ihr hört in dieser History-Episode:

  • Der Spieleexperte Chris Melzer schaut auf die Ursprünge des Spiels zurück.
  • Der Mathematiker und Spielentwickler Jörg Bewersdorff erläutert den Einfluss der Mathematik auf Spiele wie Monopoly.
  • Der Freiburger Historiker Ulrich Schädler blickt zurück auf die Anfänge des Spielens in der menschlichen Entwicklungsgeschichte.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld erläutert, wie aus "The Landlord's Game" "Monopoly" wird.
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporter Martin Krinner erinnert an die Erfinderin des Spiels Elisabeth Maggie Philipps.
Shownotes
Geschichte der Brettspiele
Wie im Jahr 1904 Monopoly entstand
vom 29. Dezember 2023
Moderation: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte
  • Spieleexperte Chris Melzer über die Ursprünge des Spiels
  • Jörg Bewersdorff über den Einfluss der Mathematik auf Spiele wie Monopoly
  • Ulrich Schädler über die Anfänge des Spielens in der menschlichen Entwicklungsgeschichte