Was ist erlaubt, um Straftaten zu verhindern? Ende der Neunziger wurde das Grundgesetz geändert. Der besondere Schutz der Privatwohnung fiel weg. Eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen.

Steigende Kriminalität und das Aufkommen von organisierter Bandenkriminalität führten Mitte der 90er Jahre in der Bundesrepublik zu einer Diskussion über den sogenannten "Großen Lauschangriff". Mithilfe der akustischen Überwachung von Wohnungen sollten Verabredungen zu Straftaten aufgeklärt und damit verhindert werden. 

Das Problem: Das stand im Widerspruch zum Grundgesetz, das die Privatwohnung unter einen besonderen Schutz stellt. Um den Großen Lauschangriff in die Tat umzusetzen, musste also das Grundgesetz mit einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag geändert werden. Das geschah am 16. Januar 1998 durch die Änderung des Artikels 13. Nun war die "akustische Wohnraumüberwachung" zu Zwecken der Strafverfolgung möglich. 

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
© Imago | Jürgen Heinrich
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Insbesondere die FDP hatte unter der Entscheidung zu leiden. Der Grund: Die Liberalen waren damals einerseits eine Partei in Regierungsverantwortung. Andererseits galt die FDP immer als Partei der Menschenrechte und der Verfassungstreue. Diese beiden Flügel stritten in der FDP. Die Folge: Die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger trat von ihrem Amt zurück. Später klagte die FDP-Politikerin vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Großen Lauschangriff. 

Außerdem hört ihr noch in Eine Stunde History:

  • Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erklärt, warum sie damals als Bundesjustizministerin von ihrem Amt zurückgetreten ist. 
  • Staatsanwältin Sarah Kress erläutert, was der Große Lauschangriff bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität gebracht hat.
  • Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff über den Umgang mit persönlichen Daten in Zeiten von Internet und Social Media.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld erläutert die Debatte, die 1998 zur Änderung des Grundgesetzes und der Einführung des Großen Lauschangriffs geführt haben. 
Shownotes
Staat hört mit
Der Große Lauschangriff
vom 19. Januar 2018
Moderatorin: 
Meike Rosenplänter