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Im bayerischen Coburg wird um das Stadtwappen gestritten: Das nämlich zeigt den sogenannten "Coburger Mohr". Es gibt eine Petition, um das Wappen abzuschaffen, denn es sei rassistisch. Dazu gibt es eine Gegenpetition: Die Darstellung sei nicht abwertend. Die Antirassismus-Trainerin Betiel Berhe wünscht sich vor allem, dass es eine echte Auseinandersetzung gibt und kein schnelles und simples "Wir haben kein Problem."

In Berlin gibt es mitten in der Innenstadt eine Straße, die "Mohrenstraße" heißt. In Schwäbisch Hall, in Frankfurt am Main und in diversen anderen Städten gibt es Apotheken, die den Namen "Mohr" tragen. In der Stadt Coburg gibt es im Stadtwappen den "Coburger Mohr", der den Heiligen Mauritius abbilden soll. Die Darstellung zeigt das Profil eines schwarzen Mannes mit dicken Lippen, breiter Nase, krausem Haar und dickem goldenen Ohrring.

Martin Krinner, Deutschlandfunk-Nova-Reporter
Rassismus oder Tradition? Diskussion um Stadtwappen in Coburg

Alisha Archie und Juliane Reuther haben eine Petition gegen das aktuelle Wappen gestartet. Ihnen geht es zum einen darum, das der Begriff "Mohr" verletzend und rassistisch sei. Außerdem, enthalte das Wappen eine "rassistische, eurozentrische Darstellung eines Menschen aus Afrika". Diese sei erstellt worden, ohne jegliches Wissen, wie diese Person wirklich aussah. Man habe deshalb auf Stereotype wie krauses Haar oder den großen Ohrschmuck zurückgegriffen.

Tobias Schmidt hat dazu eine Gegenpetition gestartet, denn er möchte, dass das Wappen so bleibt. Er wünsche sich einen "kritischeren Umgang mit althergebrachten Symbolen und nicht einfach eine Bilderstürmerei". Er wünscht sich, einen differenzierteren Umgang. "Was ist vor zehn oder vor 50, 60 Jahren entstanden? Oder was hat schon eine Verankerung in der Stadt seit gut 800 Jahren?"

Betiel Berhe vermisst eine echte Auseinandersetzung

Für Betiel Berhe, Antirassismus-Trainerin, ist das Wort "Mohr" eindeutig rassistisch konnotiert. Sie spricht deshalb auch vom M-Wort. "Ich nehme dieses Wort nicht mehr in den Mund, weil – vor allem für mich als Expertin – gibt es keinen Grund mehr dieses Wort zu benutzen, wenn man nicht auch gleichzeitig diese rassistischen Bilder transportieren will", sagt Betiel Berhe.

Auseinandersetzung über Rassismus

Dass die Darstellung des Mohrs im Stadtwappen von Coburg nicht rassistisch oder abwertend sein, kann Betiel Berhe nicht nachvollziehen. Ihr fehlt in der Diskussion, dass die, die am Wappen festhalten wollen, sich nicht ausreichend mit Rassismus auseinandersetzten – vor allem auch nicht mit der Gewaltdimension von Rassismus. "Denn wenn das so wäre, würde man nicht ad hoc in solch einen Widerstand gehen. Man würde sich ernsthaft damit auseinandersetzen", sagt Betiel Berhe.

Genau das vermisst die Antirassismus-Trainerin: Nämlich eine längere Diskussion und echte Debatte. Doch die fehlten und damit auch die Auseinandersetzung mit Rassismus.

"Wenn es aber irgendeine Art von Diskussion geben würde, dann könnte man zumindest sagen, es gibt den Willen sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen", sagt Betiel Berhe. Im Fall von Coburg und seinem Stadtwappen kann sie diesen Willen und Prozess nicht erkennen.

"Einfach nur zu sagen, wir haben kein Problem: Das ist keine Art, sich mit Rassismus auseinanderzusetzen."
Betiel Berhe, Social Justice Institut München

Doch genau dieser Wille sei jetzt notwendig. Auch vor dem Hintergrund, dass so viele Menschen gegen Rassismus auf die Straße gegangen sind. Es brauche den Prozess der Auseinandersetzung: "Das ist genau das Zeichen, was wir gerade brauchen: Dass wir sagen, wir sind bereit uns mit dem Erbe und mit der Zukunft einer pluralen Gesellschaft auseinanderzusetzen."

Zu diesem Diskurs sollte auch gehören, dass rassistische Bilder aus dem öffentlichen Raum entfernt werden, falls nötig. Das sei auch ein Symbol dafür, dass eine Gesellschaft bereit ist, Veränderung zu schaffen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Stadtwappen und Straßennamen
Rassismus: Streit um den "Coburger Mohr"
vom 30. Juni 2020
Moderation: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Betiel Berhe, Social Justice Institut München