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Wenn ein Mann das Kondom beim Sex gegen den Willen der Sexpartnerin unbeobachtet abzieht, macht er sich strafbar. In einem solchen Fall gibt es jetzt das erste Urteil in Deutschland. Der Jurist Udo Vetter erklärt die Entscheidung.

Ein Bundespolizist zog im November 2017 beim Sex heimlich das Kondom ab, obwohl diese Verhütungsart für seine Partnerin Bedingung für den Geschlechtsverkehr war. Sie zeigte ihn an. 

Ein Berliner Gericht hat den 37-Jährigen nun zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt. Außerdem muss er seinem Opfer rund 3100 Euro bezahlen. Das Gericht sieht den Grundtatbestand des sexuellen Übergriffs als gegeben an – nicht aber eine Vergewaltigung. Deswegen bleibt der Polizist im Dienst.

Zuspitzung innerhalb von Paragraph 177

Dieses Urteil ist das erste in Deutschland wegen dieser Art von Vergehen, das als Stealthing bezeichnet wird. Einigkeit herrscht unter deutschen Juristen, dass Stealthing eine Straftat ist. Im Einzelfall klären die Gerichte, ob es sich auch um eine Vergewaltigung handelt. Den gesetzlichen Rahmen gibt Paragraph 177 des Strafgesetzbuchs vor.

Wir haben mit dem Juristen Udo Vetter über das Urteil gesprochen. Er weist darauf hin, dass sich im Paragraph 177 eine Steigerung zeigt. 

"Die Vergewaltigung ist die schlimmste Variante, die härteste Tatbegehung. Hier war es so, dass man lediglich auf einen sexuellen Übergriff urteilen konnte."
Udo Vetter, Jurist und Strafverteidiger

Udo Vetter erklärt, der Täter habe die Modalitäten des Beischlafs gegen den Willen des Opfers gestaltet – das ist eine unerlaubte sexuelle Handlung. Die Penetration erfolgte aber einvernehmlich. 

Deswegen handele es sich bei der Tat des Bundespolizisten nicht um eine Vergewaltigung. Das ist auch die Ansicht des Gerichts.

"Eine Vergewaltigung ist es dann, wenn gegen den Willen des Opfers in den Körper eingedrungen wird zum Beispiel."
Udo Vetter, Jurist und Strafverteidiger

Eine Schwangerschaft des Opfers hätte voraussichtlich keine Folgen auf das Urteil des Gerichts gehabt, vermutet Udo Vetter. Im deutschen Strafrecht gilt der Grundsatz, dass ein Kind juristisch nicht als Schaden bewertet werden kann.

Wenn ein Täter sein Opfer hingegen mit dem HI-Virus infiziert, weil er heimlich das Kondom abzieht, könne ein Gericht dies als schwere gesundheitliche Schädigung bewerten, sagt Udo Vetter. Dann könne es sich – je nach Einzelfall – um eine besonders schwere Vergewaltigung handeln. Dies wird mit einer Freiheitsstrafen von mindestens drei Jahren geahndet, sagt der Jurist.

Hinweis: Am 19.12.2018 haben wir mit dem Juristen Joachim Renzikowski gesprochen. Zu diesem Zeitpunkt gingen wir davon aus, dass der Verurteilte den Geschlechtsverkehr, nachdem er das Kondom abgezogen hatte, nicht fortgeführt hat.

Nach Rücksprache mit dem Amtsgericht in Berlin Tiergarten stehen sich Täteraussage und Opferaussage gegenüber. Das Gericht folgte der Aussage des Opfers, der Geschlechtsverkehr sei ohne Kondom fortgeführt worden.

Das Gespräch mit Joachim Renzikowski könnt ihr unten anhören. Darin erklärt der Jurist auch den Unterschied zwischen Vergewaltigung und sexuellem Übergriff.

Das Gespräch mit Joachim Renzikowski vom 19.12.2018 zum Nachhören
"Der Unterschied zwischen Vergewaltigung und sexuellem Übergriff besteht darin, dass bei einer Vergewaltigung immer eine Penetration dazu kommen muss, während ein sexueller Übergriff weniger gewichtige sexuelle Handlungen erfasst."

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Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Sexuelle Übergriffe
Urteil: Bewährungsstrafe für Stealthing
vom 20. Dezember 2018
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Udo Vetter, Jurist und Strafverteidiger