Wenn Straßennamen umbenannt werden, hat das meist einen politischen Hintergrund. Zum Beispiel bei einem aktuellen Fall in den USA.

Die russische Botschaft in der US-Hauptstadt Washington hat wohl bald eine neue Adresse - in Russland dürfte das für Unmut sorgen. Statt "Wisconsin Avenue" soll sie an dieser Stelle "Boris Nemzow Plaza" heißen. Boris Nemzow war mal russischer Vize-Ministerpräsident und wurde später dann zu einem der prominentesten Kritiker von Wladimir Putin.

Der Politiker ist dann vor etwa drei Jahren ermordet worden – fünf Tschetschenen wurden später dafür verurteilt, die Auftraggeber aber nie gefasst. Das Straßenschild soll an Nemzow erinnern. Allerdings sind die Umbenennungspläne noch nicht durch – der Kongress muss noch zustimmen.

Aus Russland kam dann auch gleich eine Antwort: Ein Duma-Abgeordneter hat inzwischen vorgeschlagen, die Adresse der amerikanischen Botschaft in Moskau in "Nordamerikanische Sackgasse Nummer 1" umzuändern.

Bedeutung von Straßennamen

Der Fall in den USA ist speziell, zeigt aber auch, dass Straßenschilder sehr wohl politische Bedeutung haben können. Meistens sind es dann Straßen mit Personennamen, deren Bedeutung im Laufe der Zeit vielleicht anders bewertet wurde. 

"Deshalb ist es auch auffallend, dass bei politischen Systemwechseln die Umbenennung von Straßen häufig der erste Akt ist."
Peter Stachel, Historiker

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Staatsverwaltung 1945 in Berlin zum Beispiel direkt in der ersten Sitzung die nationalsozialistischen Straßennamen abgeschafft und ersetzt. Sie wollten damit ein starkes Zeichen setzen: Wir distanzieren uns von den Taten unserer Vorgänger.

Im dem aktuellen Fall in den USA hat Marco Rubio, Senator in Florida, übrigens auch gleich gesagt, welche Botschaft hier gesendet werden soll. Rubio unterstützt die Aktion und sagt, das sei ein klares Signal an Russland, um zu zeigen: Die USA unterstützen die Russen in ihrem Streben nach einer freien und demokratischen Zukunft.

"Ein Straßenname ist so etwas wie ein Denkmal. Er ist ein Zeichen im öffentlichen Raum, das eine Botschaft aussenden soll."
Peter Stachel, Historiker

Und auch bei uns passiert es ja manchmal, dass Straßen umbenannt werden, zum Beispiel vor ein paar Jahren im sächsischen Riesa: Dort wurde aus der "Mannheimer Straße" die "Geschwister-Scholl-Straße". 

Damit soll natürlich einerseits an die Widerstandskämpfer erinnert werden, andererseits war es auch eine gewisse Provokation gegen die NPD: Die hat nämlich in der Straße ihren Verlag, der das Magazin "Die Deutsche Stimme" herausgibt.

Diskussion um die "Mohrenstraße"

Andere Straßen werden umbenannt, weil sie wirklich bedenklich sind, weil sie mit unserer aktuellen Weltanschauung nicht mehr vereinbar sind. Zum Beispiel gibt es seit Jahren die Forderung, die "Mohrenstraße" in Berlin umzubenennen, weil Kritiker finden, dass sie die Würde von Menschen mit afrikanischen Wurzeln verletzt und kolonial-rassistisch ist. Bisher hat sich die Forderung aber nicht durchgesetzt.

Einige Städte haben mittlerweile auch ganze Kommissionen, die alle Straßennamen überprüfen. Freiburg hat das vor ein paar Jahren als erste Stadt gemacht. Die Stadt hat eine Kommission aus Historikern, Soziologen und Politologen vier Jahre lang damit beauftragt, 1300 Straßennamen zu überprüfen, ob die bedenklich sein könnten – ob da zum Beispiel Personen dabei sind, die bei den Nazis aktiv, die rassistisch oder frauenfeindlich waren.

Am Ende wurden dann zwölf Straßen komplett umbenannt, 15 andere wurde als "diskussionswürdig" eingestuft. Da sollten dann Zusatzschilder mit Hintergründen zu den Personen angebracht werden.

Es kommt allerdings auch immer mal wieder die Kritik auf, dass eine Stadt mit so einer Umbenennung ihr historisches Gedächtnis einfach auslöscht. 


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Shownotes
Straßenschilder
Aus Protest die Straße umbenennen
vom 11. Januar 2018
Gesprächspartnerin: 
Rahel Klein, Deutschlandfunk Nova
Moderatorin: 
Sonja Meschkat