Wer gerade einen neuen Stromvertrag abschließt, muss im Vergleich zum Vorjahr mit Preisaufschlägen von knapp 20 Prozent rechnen. Bei Gasverträgen sind die Preise sogar noch stärker gestiegen. Allerdings gibt es große Unterschiede je Region. Das hat vor allem mit den unterschiedlichen Netzentgelten zu tun.
Momentan profitieren wir noch davon, dass viele Anbieter noch ein bisschen Strom oder Gas "übrig haben" aus der Zeit vor dem Kriegsausbruch, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Nik Potthoff. Die Anbieter hatten vorausschauend eingekauft, als es noch günstig war.
In den nächsten Monaten müssen sie jetzt aber irgendwann Strom und Gas neu dazukaufen. Die Preissteigerungen von 20 oder 30 Prozent sind also wahrscheinlich erst der Anfang, prognostiziert Andreas Löschel, Experte für Umwelt- und Ressourcenökonomik an der Ruhr-Universität Bochum. Wie genau diese Entwicklung verläuft, lasse sich erst in den nächsten zwei bis drei Jahren genauer sagen.
"Was wir heute sehen – Strompreissteigungen von 20 oder 30 Prozent – das dürfte erst der Anfang sein. Es könnte durchaus sein, dass sich die Strompreise tatsächlich verdoppeln."
Wie heftig die Steigerungen ausfallen, hängt auch davon ab, wo man wohnt. Eine Recherche der Zeit hat das auf einer interaktiven Karte gezeigt. Beispiel Strom: Während man in Berlin im Schnitt jährlich über 1400 Euro für Strom zahlt, sind es in Flensburg über 1800 Euro. Das sind über 30 Prozent mehr. Beim Gas gibt es ähnlich gravierende Unterschiede.
Energie: Erzeugen, einkaufen, liefern
Der Hintergrund: Die Preise setzen sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen – und einige dieser Faktoren sind regional bedingt. Den Strom zu erzeugen und einzukaufen, ist die eine Sache. Das geschieht auf einem Markt für ganz Deutschland, erklärt Andreas Löschel.
Die zweite Frage sei dann aber eben, was es koste, den Strom bzw. das Gas zu liefern. Genau da kommen die Netzentgelte ins Spiel – und die unterscheiden sich regional sehr stark.
"Wir handeln den Strom auf einem Markt für ganz Deutschland. Doch die Netze werden regional bezahlt – deswegen unterscheiden sich tatsächlich auch die Preise für die Haushalte je nachdem, wo man wohnt."
Beim Strom gibt es zum einen den Netzbetreiber, der die Infrastruktur stellt und für den Betrieb des Stromnetzes zuständig ist. Und es gibt den Stromanbieter, der den Strom liefert. Jeder regionale Netzbetreiber macht seinen eigenen Deal mit den Stromlieferanten. Dabei kommt es nicht nur darauf an, welcher Stromanbieter mit welchem Netzbetreiber am besten verhandelt. Es kommen auch andere Faktoren dazu.
Verhandlungen und regionale Besonderheiten
Im Nordosten Deutschlands ist die Energie gerade zum Beispiel in der Regel deutlich teurer als im Rest der Republik, weil dort in den letzten Jahren besonders viel in erneuerbare Energien investiert wurde. Um die Leistung auch übertragen zu können, müssen diese zum Teil bisher aber noch auf andere Netze zurückgreifen.
Das kostet Geld – und diese Kosten werden dann auf die Verbraucherinnen und Verbraucher vor Ort umgelegt, erklärt Andreas Löschel. Im Nordosten wohnen zudem auch noch relativ wenige Menschen, so dass sich die Kosten auf relativ wenige Haushalte verteilen.
"In der Summe wird es im Nordosten besonders teuer."
In erneuerbare Energien zu investieren, ist zwar kein Fehler. Im Moment sorgt es aber in gewissen Regionen dafür, dass die Preise – vorerst – weiter steigen. In Großstädten zum Beispiel ist es dagegen in der Regel günstiger, weil dort mehr Menschen leben.
Gaspreis beeinflusst Strompreis
Dass der Gaspreis steigt, hat mit dem Krieg zu tun, den Russland in der Ukraine führt. Der Strompreis hängt damit zusammen, weil Strom teilweise mit Gas hergestellt wird. Bisher hat die Stromerzeugung einen eher kleinen Teil des Strompreises ausgemacht, erklärt Andreas Löschel. Wichtiger waren die anderen Komponenten wie die Umlage für die erneuerbaren Energien oder die Stromnetze.
In der aktuellen Situation sei es durch die sehr hohen Gaspreise aber eben sehr teuer, Strom zu erzeugen.
Energie sparen, wo es geht
Der wichtigste Tipp, den man momentan geben kann, lautet also: Energie sparen, wo es nur geht. Jede Lampe, die man ausmacht, und jede Heizung, die man im Winter runterdreht, hilft.
Der Trick, "einfach" den Anbieter zu wechseln, um gute Neukundentarife zu bekommen, klappt inzwischen dagegen nicht mehr so gut, sagen Fachleute. Denn gerade "Discountanbieter", die mit günstigen Verträgen gelockt haben, hätten oft kurzfristigere Lieferverträge.
Die Politik überlegt derzeit, was getan werden kann, um gerade die Haushalte zu unterstützen, für die eine Mehrbelastung von 500 bis 1000 Euro im Jahr ein echtes Problem wird. Zum Juli fällt zum Beispiel die Ökostromumlage weg - dann kostet der Strom 4,4 Cent pro Kilowattstunde weniger. Die Versorger müssen diese Entlastungen dann aber auch erstmal an die Menschen weitergeben.