Die Briten stimmten für den Austritt aus der EU und die US-Amerikaner wählten Trump zum Präsidenten. Diese Wahlergebnisse schockieren nach Ansicht von Martina Kix besonders Wählerschichten unter 40. Deshalb würden sie politisch aktiver werden, stellt die Journalistin fest.
Dieses Schockerlebnis vergleicht Martina Kix mit der Situation rund um die 68-Bewegung. Der Tod des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967, der während der Demonstration gegen den Schah von Persien von einem Polizisten erschossen wurde, war für die deutschen Studenten ein Schock. Sie sahen in vielen Institutionen das Fortleben alter Nazi-Seilschaften und lehnten sich gegen das Establishment auf.
"Man glaubte damals, der Feind lauere in den Institutionen und heute ist eher so, dass wir uns an die Institutionen richten, um zu protestieren und um innerhalb der Institutionen dem Populismus Grenzen aufzuzeigen."
Der Unterschied zu damals: Heute richten sich die Proteste nicht gegen die Institutionen wie in den 68ern, sondern die Menschen versuchen mit den Institutionen, dem Populismus Grenzen aufzuzeigen, sagt die Journalistin. Die Menschen seien verunsichert im Hinblick auf die AfD, den Wahlausgang in Deutschland im September 2017, und den bevorstehenden G-20-Gipfel in Hamburg: "Das ist ein ähnlicher historischer Moment. Viele haben das Gefühl: Wir müssen jetzt präsent sein, auf die Straße gehen und uns beim Save Democracy Hack Day zusammen tun", sagt Martina.
"Pulse for Europe"
Ein Beispiel seien die Pro-Europa-Demonstrationen "Pulse for Europe". Menschen gehen inzwischen deutschlandweit auf die Straße und demonstrieren für Europa. Das würde aber nicht mehr ausreichen, weil die Menschen das Gefühl hätten, "das große Ganze ist in Gefahr".
Martina hat für Zeit Campus vier Studierende porträtiert. Sie waren jeweils mit der politischen Situation in ihrem Land - England, Deutschland, Italien und den USA - unzufrieden und setzen sich aktiv für Veränderungen ein. Beispielsweise Levi Guerra, die mit 19 Jahren eine der jüngsten Wahlfrauen ihres Landes war.
Levi Guerra: "Ich habe versucht, Trump zu verhindern"
Nach dem geltenden Recht ihres Bundesstaates Washington hätte sie der Wahlmehrheit folgen und ihre Stimme Hillary Clinton geben müssen. Es gab nur noch eine letzte kleine Chance, um die Wahl Trumps zum Präsidenten zu verhindern: Die überzeugte Demokratin musste für einen anderen republikanischen Kandidaten abstimmen. Das machte sie zur "untreuen Wahlfrau" (auf Englisch: faithless elector), wofür sie ein Bußgeld von 1.000 Dollar in Kauf nahm.
In einem anderen Porträt stellt die Journalistin den Engländer Tahmid Chowdhury vor. Er wollte sich mit der Abstimmung für den Brexit nicht zufrieden geben. Gemeinsam mit anderen Studierenden klagte er dagegen und der Supreme Court gab ihm Recht. Als Konsequenz musste die Premierministerin Theresa May eine Abstimmung durch das Parlament hinnehmen.
Diese Beispiele sind ein Zeichen dafür, dass Studierende wieder politischer werden, sagt Martina Kix.