Raus aus der Schule, raus aus dem Elternhaus und rein ins Leben. Das Studium bedeutet für viele Studienanfänger: Freiheit und Selbstständigkeit. Aber nicht für alle, denn auch sie sind an den Hochschulen angekommen: Helikopter-Eltern.
Sitzen Mutter und Tochter bei der Studienberatung. Fragt der Studienberater: "Wie kann ich Ihnen helfen." Sagt die Mutter: "Wir wollen studieren." Klingt wie ein Witz. Ist aber genauso überliefert. Alltag an deutschen Unis, in denen die Studierenden dank G8 jünger geworden sind und die Eltern – die können nicht loslassen.
Helikopter-Eltern an der Uni sind keine Einzelfälle. Auch an der Universität in Bonn tauchen sie immer wieder mit ihren Sprösslingen in Sprechstunden auf. Das kommt bei den Lehrenden nicht immer gut an. Caja Thimm, Professorin für Medienwissenschaften an der Uni Bonn, berichtet von einer Mutter, die zur Bewerbung ihrer Tochter vorbeikam und versuchte, Thimm davon zu überzeugen, dass ihre Tochter den Platz verdient habe.
"Ehrlich gesagt, das Kind tat mir am Ende sehr leid, vielleicht war das überhaupt nicht ihre Idee, aber so eine klassische Helikopter-Mutter, die dann dachte, sie muss das Kind auf Schritt und Tritt begleiten."
Durch G8 ist das Studieneintrittsalter gesunken. Laut des statistischen Bundesamtes haben im Wintersemester 2018/2019 rund 4.800 Studierende unter 18 Jahren mit ihrem Studium an einer Hochschule begonnen. Das Alter der Studierenden scheint aber nicht der einzige Grund für das Phänomen der Helikopter-Eltern zu sein.
Auch so etwas wie ein gesellschaftlicher Trend zeichne sich ab. Forscher vom Institut für Jugendkulturforschung Österreich sagen, dass sich die Erziehung zeitlich weiter ausdehne. Zudem werden Jugendliche aus bildungsnahen Milieus erst viel später selbständig.
"Neulich hatten wir eine overprotective Grandma. Also eine Oma, die uns wirklich mit E-Mails bombardiert hat, das muss man wirklich sagen, da waren wir nicht amused und haben ihr zehnmal geschrieben, dass wir keinen Einfluss haben, insbesondere nicht auf die Bachelor-Entscheidung."
Dass so ein Verhalten weniger hilft, als vielmehr schadet, haben Psychologen herausgefunden. Je stärker Eltern ihre Kinder kontrollieren und in ihrer Autonomie einschränken, umso mehr Stress empfinden diese bei der Studienwahl.
Ein gesellschaftlicher Trend
Auf die Trends, dass mit den G8-Jahrgängen Studierende jünger geworden sind, dass Eltern so richtig gut auf ihre Jüngsten aufpassen, hat die Uni Bonn schon reagiert. Es gibt extra Elternveranstaltungen wie etwa "Elternveranstaltung - Studienorientierung informiert begleiten".
"Wir können ja nicht sagen, wir blenden das aus, das wäre ignorant. Aber Hauptzielgruppe sind natürlich nicht Eltern, letztendlich."
Es gibt aber natürlich auch Ausnahmen, bei denen sich Eltern einmischen sollten, sagt Thimm. Zum Beispiel, wenn etwas in der Familie passiert ist, und der Studierende selbst damit nicht rausrückt.
"Und wenn dann der andere Elternteil anruft und sagt, meine Tochter hat ihren Vater verloren und ist überhaupt nicht in der Lage, dem Programm zu folgen und ich würde Sie bitten, dass Sie eine Ausnahme machen, dann kann ich nur sagen, das machen wir dann."