Freude und Trauer können sehr nah beieinander existieren. Diese Erfahrung machte Sulaiman Tadmory mehrfach. Er floh aus Syrien nach Deutschland und hat dabei nie die Fähigkeit verloren, immer wieder Orte von Glück, Freiheit und Geborgenheit zu finden.
Zwei Jahre lang lebte er in der belagerten Stadt in Homs in Syrien. Eingeschlossen in einer Stadt, die von Truppen des Diktators Baschar al-Assad umzingelt war. Viele seiner Freunde haben das nicht überlebt. Er hat es schließlich aus geschafft. Aus Homs, aus Syrien. Sulaiman Tadmory lebt inzwischen seit acht Jahren in Hamburg, arbeitet als Journalist für den NDR und hat in dieser Rolle auch eine Dokumentation über das Land nach dem Sturz des Machthabers gedreht: Die Akten der Geheimdienste: Auf der Spur des Grauens.
Im Dezember 2024 kehrte er also in ein Land zurück, von dem er nicht einmal zu träumen wagte, es jemals wiedersehen zu können. Auch dass Präsident Assad gestürzt werden würde, hielt er nicht mehr für möglich.
"Ich war noch nie so glücklich in meinem Leben wie an dem Moment, als ich in Homs angekommen bin. Ich bin fast durchgedreht."
Sulaiman Tadmory erzählt, dass er viel geweint hat vor Freude. Weil Assad gestürzt und die Foltergefängnisse offen war und niemand mehr den Geheimdienst fürchten musste. Doch er habe auch vor Trauer und Schmerz geweint, denn viele seiner Freunde seien durch das Regime gestorben. Sie konnten diese Freiheit, von der sie geträumt, für die sie mitunter auch gekämpft hatten, nicht erleben.
Zusammenhalt spüren, während die Bomben fliegen
Bevor Sulaiman Tadmory 2017 nach Deutschland geflohen war, lebte er in Homs unter größter Gefahr. Die Stadt war eingekesselt von Assads Armee. Trotz dessen oder vielleicht genau deswegen fand er auch in dieser Zeit eine Art Lieblingsort. Es war ein großes historisches Haus, erzählt Sulaiman Tadmory.
Während russische Kampfflugzeuge die Stadt bombardierten, versteckte er sich mit vielen anderen Menschen im Keller. Dort seien sie zusammengekommen, um Sicherheit zu finden. "Und dann haben wir uns da irgendwann getroffen, um zu chillen, nicht nur wegen der Bomben." Der Keller wurde so zu einem Ort, an dem Menschen gemeinsam aßen, schliefen, lachten, weinten und sich gegenseitig Trost, Zusammenhalt und Liebe gaben.
Die Mutter steht für eine Heimat, die es nicht mehr gibt
Die fürchterliche Zeit in Homs ist vorbei. Auch das Homs von heute kann nicht mehr sein Zuhause sein, sagt Sulaiman Tadmory. Dafür sei er in Deutschland, in Hamburg zu sehr angekommen. Wenn er sich nach dem ursprünglichen syrischen Zuhause sehnt, geht er zu einer Person: seiner Mutter. "Sie wohnt genau bei mir um die Ecke", sagt Sulaiman Tadmory. "Bei meiner Mutter ist immer Liebe." Er schwärmt, dass das arabische Essen, das sie kocht, ihn immer an seine Kindheit erinnere und in der Wohnung dieselbe arabische Musik laufe wie früher in den 1980er und -90ern.
"Wenn ich bei meiner Mutter bin, kommen immer richtige Heimatgefühle hoch.“
Heimatgefühle bekommt Sulaiman Tadmory übrigens auch an der Ostsee. "Wenn ich dort bin – und im Sommer bin ich das sehr, sehr oft – riecht es dort genau wie in Homs."