In Nordfrankreich haben zwei Männer in einer Kirche einen Priester erstochen. Die französische Regierung vermutet einen islamistischen Hintergrund. Warum trifft der islamistische Terrorismus vor allem Frankreich?

Die radikal-islamistische Szene in Frankreich ist größer als in Deutschland, sagt Terrorismusexperte Michael Götschenberg. Darum ist es für die französischen Behörden viel schwieriger, alle potenziellen Attentäter zu beobachten. Die Gründe für diese Radikalisierung sind vor allem gesellschaftlicher Art: "Viele Muslime sind in Frankreich schlechter integriert als in Deutschland. Wir haben es hier mit vielen jungen Männern zu tun, die sich in Frankreich nicht zuhause fühlen und das Land sogar hassen, weil sie das Gefühl haben, keine Perspektive zu haben." Ein großer Teil dieser jungen Männer stammt aus Familien, die früher im Maghreb gelebt haben. Hier war Frankreich lange Zeit Kolonialmacht. Viele Menschen mit nordafrikanischen Wurzeln haben darum ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer neuen Heimat.

Banlieues sind ein Problem

Der französische Staat hat diese Herausforderungen lange ignoriert. Hinzu kommt, dass viele junge Muslime in den Banlieues der großen französischen Städte leben - fast wie in Gettos. Dass sich junge französische Muslime nach und nach der radikal-islamistischen Szene anschließen, ist unter diesen Bedingungen fast kein Wunder mehr.

Neben den gesellschaftlichen gibt es aber auch politische Gründe für die Radikalisierung: Frankreich ist Teil der Anti-IS-Koalition und darum erklärter Feind des IS.

Shownotes
Terrorismus
Warum immer Frankreich?
vom 26. Juli 2016
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Michael Götschenberg, Terrorismusexperte