Tiere nutzen ihren Gesang nicht nur, um andere Weibchen zu beeindrucken. Manchmal wird die Stimme auch eingesetzt, um das Revier zu verteidigen. Das sind dann regelrechte Kriegsgesänge, sagt Biologe Mario Ludwig.
Wenn ihr das nächste mal völlig entzückt von dem Vogelgzwitscher sprecht, von dem ihr morgens immer geweckt werdet, dann macht euch klar: Was da so fröhlich und lebensbejahend klingt, ist eigentlich eine Kampfansage. Vor allem in der Paarungs- und Brutzeit zwitschern die Vogelmännchen besonders laut, weil sie ihr Revier verteidigen wollen. Das lockt zwar auch Weibchen an, hält aber auch Rivalen ab.
Aber nicht nur Vögel singen, um ihr Territorium zu verteidigen. Von Katern kennen wir das auch, sagt Biologe Mario Ludwig.
"Das klingt immer so ein bisschen wie ein Baby, das herzzerreißend weint, ist aber eine klare Kampfansage an andere Kater: 'Bis hierher und nicht weiter'."
Affen markieren ihr Revier durch Familiengesänge
Noch eine Stufe weiter geht es bei den Affen. Hier singen teilweise ganze Familien. Mario Ludwig nennt es "Familiengesänge". Familiengesänge seien besonders häufig bei Siamangs zu hören. Das ist eine große Affenart, die in den Baumkronen der Regenwälder Südostasiens zu Hause ist.
"Jeden Morgen singt die ganze Siamangfamilie um ihr Territorium akustisch zu markieren und die Nachbarfamilien in die Schranken zu weisen."
Die Gesänge der Siamangs laufen stets nach einer chronologischen Reihenfolge ab: Schon vor Sonnenaufgang starten die Männchen mit ihren Gesangseinlagen. Später am Morgen stimmen die Weibchen ein. Von der Stimmlage ist das eher Sopran - allerdings hat der Gesang der Weibchen bei Weitem nicht dieselbe Intensität, wie der Gesang der Männchen.
Während der Gesang bei Vögeln, Katern und Affen bisher nur dazu diente, die eigene Art in die Schranken zu weisen, läuft es bei Mäusen noch mal anders. Die nutzen ihre Stimme auch dazu, andere Mäusearten zu verscheuchen, oder ihnen Angst zu machen.
Mäusearten in Costa Rica bekriegen sich mit ihrem Gesang
Amerikanische Forschende haben erst vor Kurzem entdeckt, dass sich zwei eng verwandte Mausarten, die in Costa Rica leben, mit ihrem Gesang sozusagen bekriegen. Die Arten heißen Scotinomys teguina und Scotinomys xerampelinus. Ihre Gesänge sind so hoch, dass wir sie mit unserem menschlichen Gehör kaum wahrnehmen können.
Beide Mäusearten haben fast exakt die gleichen Lebensansprüche und konkurrieren im Nebelwald von Costa Rica um Futter und Wohnraum. Die größere und körperlich überlegene Art Scotinomys xerampelinus ist dabei ziemlich hitzeanfällig und bevorzugt die höheren Waldregionen. Die andere Art, Scotinomys teguina, die in den tieferen Regionen lebt, hätte es aber auch ab und an gerne kühl, und versucht deshalb manchmal nach oben zu rücken.
Das verhindert aber Scotinomys xerampelinus wiederum mit Gesangseinlagen, die sozusagen eine akustische Höhengrenze darstellen und bedeuten: "Weiter als bis hierher dürft ihr nicht." Und tatsächlich: Die kleinere und schwächere Mäuseart dreht sofort ab, wenn sie die Gesänge der größeren Art hört, einfach, weil sie weiß, dass sie körperlich unterlegen ist.
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