Obwohl Nadines Job als Hauswirtschafterin oft herausfordernd ist, liebt sie ihn. Was sie verdient, reicht ihr allerdings kaum, um davon leben zu können.

Herablassende Bemerkungen zu ihrem Job als Hauswirtschafterin hat Nadine schon oft gehört: Sie wird oft als bessere Putzkraft bezeichnet. Dabei ist es viel mehr als das. Nadine hat mit vielen Menschen zu tun, die sich alleine nicht mehr helfen können und auf Unterstützung angewiesen sind.

Mit putzen und kochen ist der Job nicht getan. In ihrer dreijährigen Ausbildung hat Nadine im Prinzip mehrere Jobs gelernt, um auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Menschen eingehen zu können.

"Eine Hauswirtschafterin macht Raumpflege, kann kochen, hilft Leuten bei Behördengängen, betreut sie zum Beispiel, wenn sie krank sind – etwa auch Kinder."
Nadine ist ausgebildete Hauswirtschafterin

Manche der Menschen, die Nadine betreut, leiden an Krankheiten oder sie sind alleinstehend und nicht nur auf Unterstützung im Haushalt angewiesen, sondern freuen sich auch über den Kontakt zu einer Person, die ihnen mit Verständnis begegnet und ein offenes Ohr für sie hat.

Bei ihren Hausbesuchen betreut Nadine, die für einen mobilen Pflegedienst arbeitet, unter anderem Demenzkranke oder Kinder mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, aber auch Gleichaltrige, die beispielsweise an einer psychischen Erkrankung leiden.

"Diese Vorurteile: 'Du kannst ja eh nur putzen' – wo man sich dann denkt: Okay, wenn du wüsstest, was ich in den drei Jahren alles gelernt habe, würdest du das vielleicht auch anders sehen."
Nadine ist ausgebildete Hauswirtschafterin

Manchmal wird sie auch mit Wut und Aggression konfrontiert und muss den Einsatzort zu ihrem eigenen Schutz wieder verlassen. Das fällt ihr jedoch schwer, weil sie eine Person, die auf Hilfe angewiesen ist, ungern alleine lässt.

Traumjob, aber das Geld ist knapp

Nadine verdient rund 2.000 Euro brutto, das sind dann etwa 1.500 netto. Fast 350 Euro im Monat fließen in den Tank ihres Autos, weil sie oft weite Strecke fahren muss, um zu einem Einsatzort zu gelangen. Da Nadine noch bei ihrer Mutter wohnt, muss sie zumindest keine Miete für eine eigene Wohnung zahlen.

Viele, die wie Nadine eine dreijährige Ausbildung machen, müssen für einen Lohn, der knapp über dem Mindestlohn liegt, hart arbeiten. Wer mehr verlangt, muss damit rechnen, dass er keinen Job bekommt, weiß Nadine aus Erfahrung. Erst kurz vor dem Ende ihrer Ausbildung hat Nadine erfahren, dass sie von ihrem Arbeitgeber übernommen wird.

Oft zögen die Arbeitgeber ungelernte Kräfte vor, die für einen Bruchteil von Nadines Verdienst arbeiten würden, sagt die Hauswirtschafterin. Viele würde einfach nur ausgebildet und anschließend auf die Straße gesetzt.

Mehr Arbeit, wenn Kolleg*innen ausfallen

Gleichzeitig passiert es immer wieder, dass Nadine die Unterbesetzung zu spüren bekommt. Für sie ist es dann eine zusätzliche Belastung: Fällt einer oder eine Kolleg*in aus, dann muss die Hauswirtschafterin mehr Hausbesuche machen, damit alle Betreuten versorgt sind.

An manchen Tagen fragt sich Nadine, weshalb sie ihren Job überhaupt weitermacht. Wenn sie allerdings bei ihren Kunden ist, weiß sie, dass sie ihrer Arbeit nachgeht, weil sie diesen Job liebt und dadurch anderen helfen kann, die vieles alleine nicht schaffen.

Dieser Beitrag ist Teil der Denkfabrik "Von der Hand in den Mund – Wenn Arbeit kaum zum Leben reicht".

Dieses Jahr beschäftigen wir uns mit Menschen, die arbeiten gehen, deren Verdienst aber nicht reicht, um zu sparen. Diese Jobs haben sie sich in vielen Fällen ausgesucht, weil sie die Arbeit, die sie tun, wirklich lieben. Solche Menschen, ihre Berufe, Perspektiven und Überlegungen stellen wir in dieser Reihe vor. #lovemyjob wird in loser Reihe fortgeführt.

Shownotes
Traumjobs, die kaum zum Leben reichen
#lovemyjob: Nadine ist Hauswirtschafterin
vom 20. Dezember 2022
Autor: 
Alexander Werth