Seit den jüngsten zwei Niederlagen der DFB-Männer gegen Österreich und die Türkei gibt es bei uns in der Redaktion eine Idee: Um uns die Stimmung nicht noch weiter zu vermiesen – lasst uns die EM 2024 doch einfach absagen! Oder boykottieren. Das ist zwar gar nicht so leicht möglich, einen ähnlichen Fall hat es aber schon gegeben. Eine Analyse von Matthias Friebe aus der Dlf-Sportredaktion.
Im Sommer 2014 – vor mehr als neun Jahren – wurde die deutsche Fußballnationalmannschaft der Herren in Brasilien triumphal Weltmeister. Auch die EM 2016 in Frankreich war noch ganz überzeugend. Seitdem geht es allerdings überwiegend nur noch in eine Richtung – nach unten: Aus in der Vorrunde bei der WM 2018, Aus im Achtelfinale bei der EM 2021, Aus in der Vorrunde bei der WM 2022.
Der Blick auf das zurückliegende Jahr ist besonders ernüchternd: Nach dem erneut frühstmöglichen WM-Aus holte das DFB-Team in elf Spielen gerade mal drei Siege und kassierte im Schnitt zwei Gegentore pro Spiel. Mit Hansi Flick, Rudi Völler und Julian Nagelsmann standen zudem bereits drei verschiedene Trainer in der Verantwortung.
"Keine Verteidigungsmonster"
Die Hoffnung auf eine Kehrtwende ist offenbar endgültig verschwunden. Selbst Bundestrainer Nagelsmann hat wenig Hoffnung und prophezeit, "dass wir auch im Sommer keine Verteidigungsmonster werden". Trainer und Spieler müssten akzeptieren, dass "uns im Sommer nichts leicht von der Hand gehen wird", sagte der 36-Jährige.
Naja, und weil das alles so frustrierend ist, haben wir uns bei Deutschlandfunk Nova – augenzwinkernd – gefragt, ob es dann nicht gleich besser wäre, das Event einfach abzusagen. Oder zumindest aufzuschieben, bis (vielleicht) alles besser wird. Dlf-Sportreporter Matthias Friebe meint, dass das durchaus möglich wäre. Immerhin wurde die letzte Fußball-Europameisterschaft von 2020 auf 2021 verschoben...
"Unter höherer Gewalt wie etwa Krieg oder Pandemie könnte diese Europameisterschaft auch ausfallen."
Okay, 2020 war das wegen Corona... Dass Deutschland wegen anhaltender Formlosigkeit nicht an der Heim-EM teilnimmt, ist jedenfalls kein Argument, erklärt Matthias Friebe: "Ein ähnliches Beispiel war Katar. Bei der Heim-WM ist das Team bereits nach sechs Tagen ausgeschieden." Die Uefa, der europäische Fußballverband, gibt zwar Regeln heraus, in denen so ziemlich jedes Detail eines Großturniers penibel beleuchtet wird. Allerdings finden sich nur wenige Sätze dazu, was passiert, wenn sich eine bereits qualifizierte Mannschaft aus einem Turnier zurückziehen möchte.
Als Gastgeberland steht Deutschland schon sehr lange als (erstes) Teilnehmerteam der EM 2024 fest. Ob die Mannschaft das allerdings auch über den sportlichen Weg der Qualifikation geschafft hätte, darf zumindest stark bezweifelt werden – nach den Ergebnissen der Freundschafts- und Testspiele (die statt der Qualifikationsspiele angesetzt wurden) hätte sie es zumindest nicht.
Der DFB braucht das Geld dringend
Den Fall, dass sich ein Gastgeber bewusst von einem Turnier zurückziehen wollte, gab es bisher noch nicht. Das wäre auch nicht logisch, erklärt Matthias Friebe – denn der DFB verdient durch die Teilnahme sehr viel Geld. Und darauf sei er dringend angewiesen, denn der größte nationale Sportfachverband der Welt stehe kurz vor der Pleite.
"Das Turnier wird mit der Nationalmannschaft stattfinden – egal, wie schlecht sie spielt. Wir reden von Milliardenbeträgen. Es ist kein Geheimnis, dass der DFB darauf angewiesen ist. Er ist eigentlich pleite – oder zumindest kurz davor."
Den Fall, das ein Team bei einer Europameisterschaft nicht antreten durfte, gab es aber tatsächlich schon einmal: 1992 wurde das damalige Jugoslawien wegen des Balkankriegs gesperrt – trotz erfolgreicher Qualifikation. Stattdessen rückte Dänemark nach, der Tabellenzweite der Qualifikationsgruppe – und triumphierte am Ende im Finale mit 2:0 gegen den damals amtierenden Weltmeister Deutschland. Fußballgeschichte.
Achtung, Phrase: Der Optimismus stirbt zuletzt
Dass Deutschland 2024 lediglich als Gastgeber der EM fungiert, aber selbst nicht mitspielt, ist laut Matthias Friebe aufgrund des Regelwerks nicht möglich.
Er ergänzt vorsichtig optimistisch: "Wer sagt denn auch, dass es mit der deutschen Elf nicht irgendwie doch weitergeht?" Er glaubt nicht, dass das Team früh ausscheidet. Die deutschen Gruppengegner werden am kommenden Samstag (25.11.2023) in der Hamburger Elbphilharmonie ausgelost.
"Deutschland kann in eine Gruppe kommen, die zumindest machbar erscheint. Es kann aber auch eine Gruppe sein, bei der man nach den letzten Testspiel-Ergebnissen vielleicht nicht so viel Hoffnung hat."
Möglicherweise kommt Deutschland in eine Gruppe, die schwer zu bespielen ist. Die Gegner könnten zum Beispiel Dänemark, Niederlande und Italien heißen. Ob das gut oder schlecht ist? Wer weiß...
Fest steht: Die EM findet – Stand jetzt – vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 statt. Und Deutschland wird dabei sein.