Die Geschichte der Militärputsche in der Türkei ist lang: Die Armee folgt einer kemalistischen Leitlinie, sie ist geprägt durch die Ideen des Republikgründers Atatürk. Vier Mal ist es in der Geschichte des Landes bislang zum Putsch gekommen, weil das Militär die demokratische Grundordnung in Gefahr sah.
1960: Putsch gegen Präsident Adnan Menderes
"Der türkische Staat ist muslimisch und wird muslimisch bleiben. Alles, was der Islam fordert, wird von
der Regierung eingehalten werden."
Die Islamisierung schritt voran. Dem kemalistischen Militär gefiel das nicht - es kam zum Putsch und das Militär machte General Cemal Gürsel zum Präsidenten.
1971: Putsch gegen Präsident Cevdet Sunay
Nach dem Putsch von 1960 kam die Türkei innenpolitisch nicht zur Ruhe, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Im Juni 1970 rief das Kabinett ein sechzigtägiges Kriegsrecht aus. Dem Militär war das nicht genug - im März 1971 putschten die Generäle, weil sie die Regierung für Anarchie und Bruderkrieg verantwortlich machten. Es gab mehr als 10.000 Verhaftungen, 28 Menschen wurden auf offener Straße erschossen. 1973 wurde das Kriegsrecht wieder aufgehoben.
1980: Putsch gegen Präsident Süleyman Demirel
In den 1970er Jahren herrschten große politische Unruhen in der Türkei mit wechselnden Koalitionen und vielen Streiks. Es gab gewalttätige Demonstrationen von links- und rechtsextremen Gruppen. In diesem Bürgerkrieg kamen etwa 5000 Menschen ums Leben. 1979 griff das Militär ein:
"Die, die demokratische Ordnung und Einheit des Vaterlandes zerstören wollen, werden ihre verdiente Strafe erhalten. Ähnlich wie die, die es zuvor in unserer Geschichte gewagt hatten, den Kopf zu erheben, werden sie unter der vernichtenden Faust der türkischen Streitkräfte zerquetscht werden und in den Sünden des vergossenen, brüderlichen Blutes ertrinken."
Im September 1980 wird Kriegsrecht über der Türkei verhängt, Gewerkschaften werden verboten - es soll 650.000 Festnahmen gegeben haben.
1997: Unblutiger Militärputsch gegen Necmettin Erbakan
Die Generäle stellten der Regierung Erbakan ultimativ zahlreiche Forderungen. Sie wollten das laizistische System Atatürks gegen den Versuch der Islamisierung von Staat und Gesellschaft schützen. Ihre Forderungen waren:
- acht statt fünf Jahre Pflichtschulbildung und die Verminderung der Zahl der religiösen Schulen
- Schließung von Schulen, die von religiösen Gemeinschaften getragen werden oder ihre Überführung in staatliche Trägerschaft
- Besuch von Koranschulen erst nach acht Pflichtschuljahren erlauben
- Koranunterricht unter die Kontrolle des Bildungsministeriums stellen
- Ausschluss von religiösen Aktivisten aus öffentlichen Ämtern, Verschärfung des Kopftuchverbots
Die Regierung akzeptierte die Forderungen und verhinderte so einen Militärputsch mit Waffen.