Am Abend nach dem TV-Duell Merkel vs. Schulz haben sich die SpitzenkandidatInnen von CSU, FDP, Grünen, Linken und AfD im TV-Fünfkampf gemessen. Mimisch und gestisch waren alle Kandidaten im Großen und Ganzen ziemlich gut, sagt unser Experte.
Wer Unsicherheit zeigt, kommt nicht gut dabei weg, haben wir in der Analyse Merkel vs. Schulz gelernt. So wirklich unsicher war beim "Duell der Kleinen" keiner, sagt der Mimik- und Gestik-Experte Dirk Eilert.
"Ich habe alle Duellanten körpersprachlich stark erlebt."
Trotzdem hat er einen Favoriten: Der Spitzenkandidat der FDP, Christian Lindner, gilt als Mimik-Superstar. Diesem Ruf wurde er auch diesmal wieder gerecht.
"Lindner war sehr gut – wie erwartet. Er zeigt eine nonverbale Direktheit."
Die Stärken:
- seine bewegte Mimik und die Gestik
- er zeigt durchgängig eine offene zugewandte Körperhaltung
- sein stetiger Blickkontakt zu den Zuhörern
Bei der Eröffnungsrunde war Lindner allerdings noch nicht ganz auf der Höhe seiner Fähigkeiten, so Eilert – wie, als sei er überrascht gewesen, dass er als Erster dran war. Da habe er noch mit sehr kleinen Gesten gestikuliert. Kurz danach habe er dann aber den "nonverbalen Turbo" gezündet und lief zur Hochform auf. Für Eilert wirkte er dann "souverän, sympathisch und kompetent".
"Vertikale Rhythmus-Gesten" von Cem Özdemir
Nonverbal ebenfalls sehr stark war Cem Özdemir, findet Eilert.
"Ich habe Özdemir mit Lindner nonverbal gleichauf erlebt – er hat fast jedes seiner Wörter mit wirkungsstarken Gesten unterstrichen."
Der Spitzenkandidat der Grünen habe viele unterschiedliche Gesten gezeigt, insbesondere vertikale Rhythmus-Gesten. Diese stärken Studien zufolge Durchsetzungskraft und Kompetenzwirkung, so Eilert.
Außerdem habe Özdemir Witze gemacht, die auch funktioniert haben: etwa die Anspielung auf sein Deutsch:
"Gelungene Integration heißt: Man muss die Sprache lernen. Wir mussten auch so weit hochdeutsch lernen, dass wir jetzt hier die Sendung bestreiten können."
Die meisten im Raum haben an dieser Stelle geschmunzelt. Forschungsergebnisse zeigen, so Eilert, dass sich das positiv auf den von außen wahrgenommenen Status in der Gruppe auswirkt. Özdemir habe echte Freude gezeigt, bei dem die Augen mitlachen.
"Ein echtes Lachen ist der wirkungsvollste Gesichtsausdruck, um andere Menschen zu erreichen."
Einen Punktabzug gibt es allerdings für Özdemir: er blinzele sehr viel und sehr schnell, was als Nervosität wahrgenommen werden kann, so Eilert.
Gezielte Ansprache von AfD-Wählern
Alice Weidel von der AfD habe nonverbal nur die Wähler angesprochen, die bereits von der Partei überzeugt sind, glaubt Eilert.
- Ihr Tonfall habe sehr verächtlich geklungen
- zusätzlich habe sie einseitig die Oberlippe hochgezogen, ein Zeichen für Verachtung
- sie habe oft einseitig gelächelt, das könne schnell arrogant wirken
- im gesamten Duell habe sie extrem viel Geringschätzung gezeigt, insbesondere wenn sie von den Regierungsparteien gesprochen hat
"Diese Geringschätzung der etablierten Parteien und des Systems war, glaube ich, genau das, was sie auch ausstrahlen möchte."
Damit habe Weidel gezielt die Wählerinnen und Wähler angesprochen, die die Schnauze voll haben vom derzeitigen Kurs. Diese Körpersprache sei aber nicht geeignet, so Eilert, um die große Masse zu erreichen – es sei denn, die große Masse ist irgendwann mit dem politischen System extrem unzufrieden.