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Warum Recep Tayyip Erdoğan ein Problem mit den beliebten Webdiensten hat.

Es ist erst einen Monat her, da hat die Regierung in der Türkei ein Gesetz beschlossen, dass die Internetüberwachung erleichtert. Seitdem können Behörden ohne einen richterlichen Beschluss eine Webseite sperren. Ein Gericht muss diese Sperrung lediglich binnen 48 Stunden bestätigen. Jetzt kommt Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan mit einem neuen Vorhaben: Er zieht nach den Kommunalwahlen Ende März in Erwägung, Facebook und Youtube komplett verbieten zu lassen.

Der Hintergrund: eine Affäre um Schwarzgeld und angebliche Telefonate zwischen Erdoğan und seinem Sohn. Und weil die belastenden Telefonausschnitte vor allem auf Youtube und Facebook verbreitet werden, sieht sich Erdogan offenbar genötigt, gegen diese Plattformen vorzugehen.

Sittenlosigkeit und Spionage

Die offizielle Variante für die Sperrung hört sich natürlich anders an: Facebook und Youtube dienten der Sittenlosigkeit und Spionage, so Erdoğan. Youtube war schon einmal über zwei Jahre immer wieder gesperrt. Das Problem für die Zensoren: Die Seite stand während dieser Zeit auf der Liste der meistbesuchten Websites der Türkei immer noch auf Platz Acht. Und genau so werde das vermutlich auch mit Facebook laufen, schreibt Tim Cole vom Gemeinschaftsblog czyslansky.net. Seiner Meinung nach gibt es kaum Sperrmöglichkeiten, die wirklich funktionieren. Variante eins: das komplette Telefonnetz lahmlegen. Die Folgen wären für die türkische Wirtschaft verheerend.

"Mein Freund Mustapha wäre damit pleite, denn er lebt als Reiseführer in Istanbul und bekommt seine Aufträge per Handy oder E-Mail."

Digitaler Mauerbau

Die zweite Möglichkeit habe China vorgemacht: den digitalen Mauerbau: Das Land wird abgeschottet, was allerdings einen gewaltigen Aufwand an Überwachungstechnik und Zensoren bedarf. Auch das sei für die Türkei eher unrealistisch.

Also bleibt nur die dritte Variante: Die Übersetzung der Internetadresse www.facebook.com in die passende IP-Adresse verhindern, und damit die Weiterleitung des Users, der Facebook aufrufen will, unterbinden. Keine große Schwierigkeit für Internetprovider, allerdings genauso einfach zu umgehen, indem man seinem Computer vorgaukelt, man hielte sich in einem anderen Land auf.

Die Reaktionen auf die Sperr-Pläne

  • Der Journalist und Blogger Ulrich Horn vergleicht Erdoğan mit Walter Ulbricht.
  • Victoria Turk schreibt auf vice.com, ein Verbot könne die Spannungen im Land noch weiter anheizen.
Shownotes
Zensur
Kein Youtube und Faceboook für die Türkei
vom 10. März 2014