Die Wintertage sind ohnehin recht dunkel. Aber dieser Winter scheint besonders grau und trübe. Die Finninnen und Finnen sind an dunkle Winter gewöhnt, trotzdem gelten sie als glückliches Volk. Was machen sie also richtig? Es ist nicht allein die Sauna.

"In Finnland sind die Wintertage sehr, sehr kurz", sagt unsere Korrespondentin Ann-Brit Bakkenbüll. "Oft sind die Tage nur ein paar Stunden lang." Nördlich des Polarkreises geht im Winter die Sonne wochenlang überhaupt nicht auf.

Die viele Dunkelheit ist auch für die Finn*innen eine Herausforderung. Jedes Jahr aufs Neue. Doch sie haben sich notgedrungen ein paar Überlebensstrategien zurechtgelegt, so Ann-Brit Bakkenbüll.

Vielen helfe zum Beispiel die Hoffnung auf den Sommer. Denn dann geht die Sonne teils gar nicht unter. "Das entschädigt ein bisschen für die dunkle Jahreszeit", sagt unsere Korrespondentin.

Eine Straße in Helsinki ist weihnachtlich beleuchtet (7.12.2022)
© IMAGO I Pond5 Images
Winter in Helsinki bedeutet Schnee und auch, dass die Straßen hell erleuchtet sind.

Die Finn*innen machen es sich gerne auch gemütlich. Sie setzen auf viele Kerzen und Lichterketten, so Ann-Brit Bakkenbüll. "Die sollen für das bekannte Hygge-Feeling sorgen." Damit ist eine gemütliche und auch herzliche Atmosphäre gemeint.

Zur Gemütlichkeit gehört auch das Saunen. Das machen die Finn*innen das ganze Jahr, nicht nur im Winter. Manche gehen täglich in die Sauna. Es gibt Saunen bei der Arbeit, im Wohnblock oder eben zu Hause. "Mit diesem fest etabliertes Ritual retten sich viele Finnen durch diese trüben Tage", sagt Ann-Brit Bakkenbüll.

Saunen und Winterbaden

Das Winterbaden hilft auch manchen Finn*innen. Beim Baden im eiskalten See oder im Meer wird der Körper durch den Schock mit Adrenalin quasi durchflutet. "Das soll den Winterblues vertreiben", sagt die Journalistin. Und nach dem Gang ins eiskalte Wasser, gehen manche einfach nochmal in die Sauna.

Wichtig ist ebenfalls, dass die Menschen auch im Winter viel raus gehen. Denn Bewegung ist gut gegen die Dunkelheit, so Ann-Brit Bakkenbüll. Die Finn*innen gehen mittags länger spazieren und nutzen so das wenige Tageslicht. Zum Abend hin kann man dann länger arbeiten, es wird ja ohnehin früh dunkel.

"Bewegung hilft gegen die Dunkelheit."
Ann-Brit Bakkenbüll, Deutschlandfunk Nova

Möglichst viel Tageslicht zu erwischen, ist wichtig. Denn wenn Tageslicht fehlt, kommt der Schlafrhythmus durcheinander. Der Körper braucht Licht, um das Hormon Melatonin zu produzieren. "Ohne dieses Hormon wird man abends nicht müde und kann nicht einschlafen", sagt Ann-Brit Bakkenbüll. Das kann dann zu einem Teufelskreis werden.

Eine Frau läuft durch eine Schneelandschaft in Lappland, in Finnland (12.08.2023)
© IMAGO I Addictive Stock
Rausgehen, egal wie kalt es ist. Viele Finn*innen gehen nachmittags ausgiebig spazieren und arbeiten dann am Nachmittag länger. Dann ist es eh wieder dunkel.

Um dem vorzubeugen, nehmen viele Finn*innen Melatonin zu sich. Das Hormon ist in Finnland fast überall rezeptfrei käuflich, so unsere Korrespondentin.

Gesundheitliche Aspekte in der Winterzeit

Aber nicht nur der Schlafrhythmus leidet unter der Dunkelheit, auch die Gemütslage. Finnland gilt als glücklichstes Land, so der UN-World Happiness Report. Aber zugleich haben viele Finn*innen Depressionen.

Das Leben mit viel Dunkelheit ist eine echte Herausforderung. Für viele Finn*innen bringt der Tango Abwechslung und Spaß. Das Tangotanzen ist sehr beliebt im Land. Für Ann-Brit Bakkenbüll ist es auch eine Art Musiktherapie.

"Die Finnen schwören auf Tango: eine außergewöhnliche und melancholische Form der Musiktherapie."
Ann-Brit Bakkenbüll, Deutschlandfunk Nova

Und: Die Finn*innen seien sehr humorvoll. Für die Nicht-Finn*innen erschließe sich der Humor nicht immer, aber für die Finn*innen funktioniere er. Das ist das wichtigste.

Shownotes
Winterzeit
Gegen die Dunkelheit: Von den Finnen lernen
vom 30. Dezember 2023
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartnerin: 
Ann-Brit Bakkenbüll, Deutschlandfunk Nova