Die Corona-Krise verhagelt uns den Urlaub in der Ferne. Aber das Gute liegt so nah: Warum nicht einfach die Natur in Deutschland genießen? Anders als in skandinavischen Ländern, wo es das "Jedermannsrecht" gibt, dürfen wir hierzulande allerdings nicht einfach losziehen und irgendwo campen. Aber es gibt andere Möglichkeiten.
Zelten irgendwo in der Wildnis – in Skandinavien ist das nach dem sogenannten "Jedermannsrecht" erlaubt, in Deutschland allerdings verboten. Und das aus guten Gründen, erklärt Christina Winter. Sie ist eine von 400 Rangerinnen und Rangern in Deutschland und arbeitet bei der Naturwacht Brandenburg. Ihr Job: Die Natur schützen und den Menschen nahebringen.
Ein Grund dafür, dass wir hierzulande nicht einfach irgendwo unsere Zelte aufstellen dürfen, ist wohl, dass Deutschland einfach dichter besiedelt ist als die skandinavischen Länder, vermutet sie. Norwegen zum Beispiel sei in etwa so groß wie Deutschland, habe aber nur die Einwohnerzahl von Berlin und Hamburg zusammen. Wenn nur die aufs Land losgelassen würden, ginge das vielleicht sogar.
Naturschützende Einstellung fehlt
Allerdings habe nicht jeder eine naturschützende Einstellung, gibt die Rangerin weiter zu bedenken. Viele seien verantwortungsbewusst, aber viele hinterließen eben auch Müll, machten trotz Risiken Feuer oder zelteten in Brutgebieten zum Beispiel. Das muss keine Absicht sein, meint Christina, aber auch Unwissen mache eben auch Probleme und könne der Natur schaden.
Wissen um die Natur müsste Schulstoff sein
Genau aus diesem Grund machen die Ranger und Rangerinnen viel Bildungsarbeit, um das Wissen um die Natur und die Verhaltensregeln in der Natur zu fördern. Damit erreichen sie aber leider nicht alle, sagt Christina. Sie bedauert, dass solches Wissen nicht wirklich zum Schulstoff gehöre.
"Vielleicht wäre das eine Lösung, dass man dieses Wissen ab dem Kindergartenalter einfach immer wieder predigt, sodass es in jedem ankommt."
In Deutschland sei dieses Wissen noch nicht so ganz in den Köpfen angekommen. In Skandinavien, so meint sie, sei das eher so, dass die Menschen naturverbunden seien und Verantwortung übernehmen.
Aber selbst, wenn sich das in Deutschland ändern würde, sollte es Christinas Ansicht nach in Schutzgebieten auch weiterhin kein Jedermannsrecht geben – vor allem nicht dort, wo geschützte Arten leben, die sehr störungsempfindlich sind. Beispiel Schwarzstorch: der hat eine Fluchtdistanz von drei- bis fünfhundert Metern und verlässt im schlimmsten Falle seine Brut, wenn er verschreckt wird.
Möglichkeiten für freies Campen
Außerhalb dieser Schutzgebiete könnte es aber einen Versuch wert sein, eine Lockerung mal auszuprobieren, meint auch die Rangerin. Allerdings gebe es auch ohne Jedermannsrecht jetzt schon viele Möglichkeiten, um auch mal eine Nacht in der Natur zu verbringen.
Viele Regionen hätten darauf reagiert, dass der Drang zur Natur in den letzten Jahren größer geworden sei. In Schleswig-Holstein zum Beispiel, erzählt Christina, gibt es die Initiative Wildes Schleswig-Holstein – da können sich Privatpersonen und Institutionen melden und einen Lagerplatz anbieten.
Solche Plätze gibt es sogar auch in Schutzgebieten, erklärt sie weiter. Im Nationalpark Hunsrück können Camper nach Anmeldung zum Beispiel in Trekkingcamps übernachten.
Irgendwo campen? Einfach mal den Bauern fragen!
Auf privatem Grund geht das sowieso jederzeit – wenn man einfach mal freundlich fragt, so die Rangerin. Und private Angebote gibt es auch schon im Internet – zum Beispiel die Seiten 1nitetent oder Campspace, um nur zwei Beispiel zu nennen. Das ist wie Airbnb oder Couchsurfing für Wiesen und Wälder. Solche Angebote müssten bekannter werden, findet Christina.
"Es sind nur sehr wenige Naturschutzgebiet-Flächen in Deutschland. Und die sollten auch wirklich in Ruhe gelassen werden, weil sie einer der letzten Rückzugsräume für wildlebende Arten sind."
Ohne Zelt gilt das Übernachten übrigens vielerorts nicht als Campen. Aber auch das sollte man nicht in den Naturschutzgebieten machen, sagt Christina – weil man eben auch ohne Zelt Tiere stören kann. Außerhalb solcher sensibler Bereiche fände sie es schon in Ordnung. Allerdings sollte man darauf achten, ob man sich nicht doch auf Privatgelände befindet und welche Regeln in dem jeweiligen Bundesland gelten – denn da gibt es große Unterschiede.
Tipp für den Sommerurlaub: Großschutzgebiete
Christina empfiehlt für den Sommerurlaub 2020 die Großschutzgebiete in Deutschland, die sie die "Perlen" von ganz Deutschland nennt. Dort gebe es gute touristische Angebote und Infrastruktur. Und: Ihr würdet dort gleichzeitig schwächere Regionen unterstützen, weil diese Gebiete sich eben meist in sehr ländlichen, eher strukturschwachen Landstrichen befinden.