Trump-Vizekandidat J.D. Vance und Harris-Vizekandidat Tim Walz sind in einem TV-Duell gegeneinander angetreten. Auch wenn beide im Wahlkampf eher männliche Wähler ansprechen sollten, hatten sie dabei sehr unterschiedlichen Ansätze. Konnte einer der beiden das Duell für sich entscheiden?
"I humbly ask for your vote on November 5th for Kamala Harris" hat der eine, Tim Walz, gesagt. Der andere, J.D. Vance, hat ihm widersprochen: "We need a president who has already done it once before and did it well - Please Vote for Donald Trump." Soweit, so logisch.
Die beiden US-Vizepräsidentschaftskandidaten sind eigentlich zwei ziemlich unterschiedliche Typen, sagt Sarah Brendel von Deutschlandfunk Nova. Ähnlich hitzig wie beim TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump (Harris: "You are gonna hear a bunch of lies, grievances, and name calling" / Trump: "She's a marxist, everybody knows she is a marxist.") wurde es allerdings nicht.
"Das war ein Kontrast zu den Auseinandersetzungen, die wir vorher gesehen haben: statt Aggression und Anspannung ein Austausch von Argumenten in der Sache."
Obwohl es im Vorfeld reichlich Polemik in beide Richtungen gegeben hatte, ging es beim eigentlichen Duell der Vize-Kandidaten durchaus zivilisiert zu, sagt Jasper Barenberg, US-Korrespondent für Deutschlandfunk Nova. "Das war, glaube ich, eine große Überraschung für viele", sagt er.
"Freundschaftlicher Umgang" der beiden Kontrahenten
Die beiden Männer hätten sich zu Beginn wie selbstverständlich die Hand gegeben und auch am Ende seien sie respektvoll aufeinander zugegangen und auch ihre Ehefrauen kamen dazu auf die Bühne. Aggression und Anspannung im Studio wie bei Biden vs. Trump oder Harris vs. Trump sei nicht zu spüren gewesen. Stattdessen hätten die beiden einen Austausch von Argumenten in der Sache und sogar einen "freundschaftlichen Umgang" miteinander präsentiert.
Viele Amerikaner würden seinen Kontrahenten und ihn wahrscheinlich gar nicht wirklich kennen, sagte J.D. Vance. Da dürfte er Recht haben. Aber das lässt sich ja ändern – auch wenn ihr vielleicht keine wahlberechtigten US-Amerikaner*innen seid. Bescheid wissen kann ja trotzdem nicht schaden.
James David Vance
- Republikanischer Senator des US-Bundesstaats Ohio
- 40 Jahre alt, verheiratet, drei Kinder
- Vance wird als konservativer Hardliner und Trump-Kopie bezeichnet.
- Er ist Abtreibungsgegner und für traditionelle Rollenbilder.
- Tim Walz bezeichnet ihn gerne mal als "weird": Vance verbreitet Verschwörungserzählungen wie etwa die von Donald Trump in die Welt gesetzte, dass Geflüchtete Hunde essen.
- Die Zielgruppe, die er erreichen will und soll, sind vor allem junge Männer, das zeigt auch seine Medienstrategie. Die Nachrichtenseite Axios hat diese analysiert und herausgefunden, dass J.D. Vance seit Wahlkampfbeginn mit sehr vielen (seit seiner Ernennung zum Vize im Juni mit über 94) Podcast-Hosts gesprochen hat, bei denen das Publikum größtenteils männlich ist.
- Außerdem soll J.D. Vance die Menschen aus der Arbeiterklasse ansprechen. Er kommt selbst auch aus einer Arbeiterfamilie, hat dann aber an der Elite Uni Yale studiert und später dann als Anwalt und Finanzmanager bei einer großen Immobilienfirma gearbeitet. Das könnte auch ein Grund sein, warum manche ihm die Nähe zu den Arbeitern nicht abkaufen.
"We are effectively run in this country (…) by a bunch of childless cat ladies who are miserable at their own lifes and the choices that they have made and so they wanna make the rest of the coutry miserable too."
Sein bekanntester Kommentar (zu kinderlosen Frauen, die das Land regieren) stammt aus dem Jahr 2021. Er wurde jetzt im Wahlkampf erneut ausgegraben. In einem Interview auf MSNBC hat Vance gesagt, das wäre nur ein Witz gewesen und dass es ihm leidtut, dass Leute sich dadurch beleidigt gefühlt haben.
Tim Walz
- Demokratischer Gouverneur des US-Bundesstaats Minnesota
- 60 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder
- ehemaliger Lehrer, zeigt sich als bodenständiger Familienmensch
- deutsche Wurzeln: Sein Ururgroßvater, Sebastian Walz, wanderte 1867 von Kuppenheim in die USA aus
- Er hat sich als Gouverneur zum Beispiel für ein liberaleres Abtreibungsgesetz sowie für kostenlose Mittagessen in Schulen und strengere Waffengesetze eingesetzt.
- Er war auch mal Footballcoach, und diese freundliche Coach- bzw. Dad-Guy-Rolle, die kommt offenbar gut an bei den Wählern, sagt Sarah Brendel. Damit können sich auch viele männliche Amerikaner identifizieren.
"Vom Typ her ist Tim Walz so der Mittlerer-Westen Dad-Typ, mit Karo-Hemd, der sonntags Football guckt."
Kamala Harris gilt als liberal. Dadurch, dass Tim Walz auch dieses eher konservative Bild abgibt, hoffen die Demokraten, auch weiße Männer abzuholen.
Walz' einfache, direkte Ansprache
Walz versucht, auch potentielle Trump-Wähler von den Demokraten zu überzeugen – und zwar durch seine Sprache: Ähnlich wie Trump benutzt er eine einfache, direkte Sprache. Statt mit Zahlen und Studien um sich zu werfen, möchte er die progressiven Themen der Demokraten weniger akademisch und intellektuell klingen lassen.
"Because in Minnesota we respect our Neighbours and the personal choices they make and even if we wouldn’t make those choices for ourselves we’ve got a golden rule – mind your own damn business."
Laut Umfragen ist Tim Walz bisher ein bisschen beliebter als J.D. Vance. Vielleicht konnten die beiden beim TV-Duell auch deshalb netter zueinander sein, weil sie ja in erster Linie nicht schlecht übereinander sprechen mussten. Im Fokus standen stattdessen Harris und Trump. Für die beiden Vizekandidaten galt so ein bisschen: Hauptsache nicht negativ auffallen.
Kein klarer Sieger
Einen klaren Sieger hat Jasper Barenberg – einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen am 5. November – nicht gesehen. Doch J.D. Vance habe durchaus gepunktet, weil er den Menschen ein neues Bild von sich gezeigt hat, das so noch nicht bekannt war: dass er "ein großes Herz und Empathie für die Menschen" hat. Trotzdem sei die Politik, die er vertritt – die von Donald Trump – nach wie vor dieselbe. Barenberg bezweifelt, ob das zusammenpasst und die Menschen J.D.Vance das abnehmen.
"Einer zeigt Herz, aber verkauft eine herzlose Politik – kann das aufgehen?"
Tim Walz habe das erfüllt, weswegen Harris ihn zum Kandidaten gemacht hat: "Er ist der bodenständige Typ, der Kerl, der die Straße runter wohnen könnte und dem man seine Kinder anvertraut." Ob er allerdings auch die Unentschlossenen überzeugen konnte, ihr Kreuzchen bei den Demokraten zu machen, daran hat unser Korrespondent ebenfalls Zweifel.
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