Abi in der Tasche und dann erst mal raus in die Welt. Am besten dabei noch etwas Gutes tun. Gut gemeint, aber Achtung: Der Trip kann genau das Gegenteil bewirken.
An dem Wunsch, in die Welt zu ziehen und Gutes zu tun, ist nichts auszusetzen. Für viele im Alter zwischen 18 und 22 Jahren ist das einfach die beste Zeit, um verschiedene Länder und Menschen kennenzulernen. Reiner Hedonismus ist derzeit nicht angesagt, deshalb steht für viele mit auf dem Programm: soziales Engagement. Nur darüber lernt man die Menschen vor Ort wirklich kennen und wird ein Leben lang von den Erfahrungen profitieren.
Steigende Zahl der Anbieter
Anbieter für Freiwilligendienste waren klassischerweise kirchliche oder entwicklungspolitische Organisationen. Das Angebot an solchen Stellen war daher dünn gesät. Außerdem verlangen diese Anbieter eine detaillierte Bewerbung und intensive Vorbereitungsphase. In der Regel dauern die Aufenthalte in den Projekten vor Ort ein Jahr.
Wer da nur mal schnell die Erfahrung während des Urlaubs mitnehmen will, für den sind diese Angebote der Institutionen nichts. Mehr und mehr haben kommerzielle Anbieter diesen Markt entdeckt und bieten international Freiwilligendienste an. Marktführer der Kommerziellen ist inzwischen die TUI-Gruppe.
Schwarze Schafe der Volotourismusbranche
Die Angebote der kommerziellen Reiseveranstalter sind aber umstritten. Sie bieten beispielsweise einen zweiwöchigen Dienst in einem Waisenhaus in Kambodscha an. Mehrere Organisationen kritisieren diese Kurzzeitaufenthalte von Freiwilligen. Den Kindern würde das mehr schaden als helfen. Sie brauchen vor allem feste Bezugspersonen, da sie ohnehin unter Traumata leiden würden. Das Kinderhilfswerk Unicef prangert die Methoden verschiedener Veranstalter an, Kinder in Waisenhäuser aufzunehmen, obwohl diese gar keine Waisen wären, nur um genügend Kinder für die Freiwilligen im Angebot zu haben.
Gut informiert Gutes tun
Die Studie "Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus" will die Freiwilligen nicht davon abhalten, sich international zu engagieren, ganz im Gegenteil. Die Herausgeber möchten über die schwarzen Schafe aufklären und empfehlen, worauf Freiwillige bei den Anbietern von internationalen Diensten achten sollen.
Boom des internationalen Freiwilligendienstes
Seit ein paar Jahren ist der Trend zum Freiwilligendienst im Ausland ungebrochen. Die Gründung des entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes "Weltwärts" 2008 hat diesen Trend verstärkt. Der Arbeitskreis "Lernen und Helfe in Übersee" stellt von 2004 bis 2010 einen Anstieg um 350 Prozent bei den internationalen Freiwilligendiensten fest. Die neue Studie herausgegeben von Brot für die Welt, Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung und ECPAT gibt an, dass 2011 etwa zehn Millionen Menschen weltweit als Freiwillige unterwegs gewesen sein sollen. Deshalb könne man von einem Umsatz im Bereich der internationalen Freiwilligenarbeit von mehreren Milliarden Euro jährlich ausgehen.
Mehr über Volotourismus im Netz:
- Zentrales Internetportal für weltweites Engagement | Gutes Info-Portal mit Job-Angeboten
- Neue Studie zu Voluntourismus | Auf tourismus-watch.de gibt es die Studie zum Download und weitere Infos
- Wenn Waisen gar keine Waisen sind… | Artikel auf aktiv-gegen-kinderarbeit.de
- Abiturienten als Entwicklungshelfer: Kurztrips ins Elend | Reportage über die negativen Folgen des Volotourismus
- Freiwilligenarbeit in Costa Rica: Wenn nichts mehr hilft, wird die Kneipe saniert | Artikel auf zeit.de
- Wolfgang C. Goede über den Boom des Volotourismus | Wissenschaftliche Arbeiten auf Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement
- VolonTourismus: Reisen-Arbeiten-Entwicklungsimpulse stiften | Artikel auf Zivilgesellschaft Info
- Egotrips ins Elend Tausende von Jugendlichen gehen jedes Jahr als freiwillige Helfer in Entwicklungsländer. Aber wem nützen sie eigentlich? Am meisten sich selbst | Artikel im sz-Magazin
- Freiwilligenarbeit in Costa Rica: Horrortrip ins Paradies | Artikel auf sueddeutsche.de
- Volontourismus: Into the wild - Geschäfte mit Freiwilligen | Artikel auf cafebabel.de
- Freiwilligendienst "weltwärts": Gut fürs eigene Ego, sonst nichts | Artikel auf taz.de
- Der gute Tourist! Reisen und dabei Kindern helfen - welch schöne Kombination! Oder? Ein Besuch in Kambodschas Waisenhäusern. | Benjamin Prüfer berichtet im NZZ Folio