Erst schlafen wir acht Stunden, dann sind wir 16 wach. Die Schlafforscherin Christine Blume erklärt, wie unser Körper das macht. Sie verrät außerdem, warum es uns so schwerfällt, früh einzuschlafen.
Schlaf sei mehr als die reine Biologie. Er existiere immer auch im Spannungsfeld zwischen Biologie und Verhalten, so die Schlafforscherin Christine Blume. "Wenn wir über das Verhalten sprechen, dann spielen da auch gesellschaftliche Prozesse mit hinein", sagt sie. Dazu gehört auch die Frage, wie wir gelernt haben, wann und wie lange wir schlafen.
"Wir müssen uns klar machen, dass Schlaf nicht nur Biologie, sondern auch Verhalten ist."
Doch gerade über Schlafpensum und Schlafrhythmus wird quer durch alle wissenschaftlichen Disziplinen gestritten. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob Durchschlafen ein neueres Schlafideal ist oder nicht. Der Historiker Roger Ekirch glaubt, dass die Menschen vor dem industriellen Zeitalter in zwei Phasen geschlafen haben. Sprich sie schliefen drei bis vier Stunden, waren dann zwei bis drei Stunden wach und schliefen dann wieder drei bis vier Stunden.
Ekrich hat dafür Quellen aus verschiedensten Kulturkreisen dazu zusammengetragen, die seine These belegen sollen. Darin den Schlaf zu teilen, sieht der Forscher die Lösung für alle, die in an Schlafstörungen leiden. Das Ideal von acht Stunden ununterbrochenem Schlaf findet er hingegen problematisch.
Einiges spricht gegen das Zwei-Phasen-Muster
Die Schlafforscherin sieht das anders und sagt, dass wenig für einen Zwei-Phasen-Schlaf spricht. "Wenn man sich die Schlafphysiologie unseres Körpers anschaut, gibt es wirklich keine zwei Phasen", erklärt sie. "Auch wenn wenn ich das natürlich nicht ausschließen kann, glaube ich nicht, dass es der Schlüssel zur Heilung von Schlafproblemen wäre."
Zwar sei in den 1990ern in den USA gezeigt worden, dass Menschen in dieses Zwei-Phasen-Muster fallen können, sagt Blume. Die Bedingungen seien aber recht künstlich gewesen, denn die Proband*innen waren 14 Stunden in Dunkelheit. Nach vier Wochen habe sich ein Zwei-Phasen-Schlaf eingestellt, erklärt die Schlafforscherin.
"Das Problem wäre, dass wir das gar nicht so hinkriegen würden. Man muss sich schon bewusst machen, wie sehr das mit gesellschaftlichen Prozessen kollidiert."
"Sie haben vier Stunden geschlafen. Dann waren sie ein bis drei Stunden wach und dann haben sie noch mal vier Stunden geschlafen", sagt sie. In unserer heutigen Welt sei das aber aufgrund der gesellschaftlichen Prozesse kaum noch vorstellbar. "Man könnte es mal ausprobieren. Es ist ein bisschen die Frage, ob wir es wirklich schaffen, so früh ins Bett zu gehen", so Blume.
Schlafforscherin sieht das Problem in den Arbeitszeiten
"Viele arbeitende Menschen gehen eher mit einem Schlafdefizit durch den Alltag. Deshalb können sie nach der Arbeit furchtbar müde sein."
Die Schlafforscherin glaubt, dass Müdigkeit nach der Arbeit nicht an einem Zwei-Phasen-Muster liege, sondern daran, dass unser Arbeitsrhythmus nicht zu unserem inneren biologischen Rhythmus passe – und wir deshalb oft ein Schlafdefizit hätten. "Wenn wir uns anschauen, wann die Menschen in Deutschland gerne ins Bett gehen würden, wenn es keine äußeren limitierenden Faktoren gäbe, sagen die eine Zeit zwischen 23 Uhr und 1.30 Uhr", so die Schlafforscherin. "Wenn man darauf noch die acht Stunden Schlaf rechnet, dann landet man bei einer Aufstehzeit, die nicht zum Arbeitsleben passt."