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Relativ viele Infizierte und relativ wenige schwer Erkrankte: Das Impfen gegen Covid-19 nimmt dem Inzidenzwert den Schrecken. Ein Blick auf die Diskussion um die Neubewertung.

Das ist der Impfeffekt: Zwar sind die Inzidenzwerte in Großbritannien, Spanien und den Niederlanden im Juni 2021 massiv gestiegen, die Krankenhauseinweisungen und Covid-19-Todesfälle zogen aber nur auf niedrigerem Niveau nach. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass die Sieben-Tages-Inzidenz allein zur Beurteilung des Infektionsgeschehens nicht mehr taugt.

"Die Inzidenz als alleinige Messlatte der Pandemie, die ist wohl tatsächlich überholt."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Über die Bedeutung der Inzidenz und über alternative Werte dazu haben die Experten Christian Althaus von der Universität Bern, Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin und Andreas Schuppert von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen beim Science Media Center diskutiert.

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Reinhard Busse hat errechnet, dass sie die Impfungen gegen Covid-19 die Folgen von Corona rund um den Faktor drei oder vier vermindern. Geimpfte stecken sich seltener an, erkranken im Durchschnitt nicht so schwer geben und das Virus nicht so häufig weiter. Hundertprozentig schützen allerdings die Impfungen bekanntlich nicht.

Impfung mildert Corona-Folgen

Ein neuer Maßstab für die Wenn-Dann-Maßnahmen zum Infektionsschutz ist allerdings noch nicht in Sicht, resümiert der Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth die Diskussion. Er vermutet, dass eine neue Messlatte das Ergebnis des Bund-Ländertreffens am 08.08.2021 sein könnte (Stand 28.07.2021).

"Wir müssen uns über neue Bewertungsmaßstäbe verständigen. Jens Spahn meint 200 wäre das neue 50. Mal sehen, was bei dem Treffen von Bund und Ländern herauskommt."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Bei der Diskussion hat Christian Althaus von der Uni Bern den Schweizer Ansatz präsentiert. Dort fokussiert sich die Pandemiebeobachtung nur auf Hospitalisierungen. Erst wenn mehr als 120 Leute täglich ins Krankenhaus müssen, gibt es Einschränkungen. Auf die Bevölkerungsgröße Deutschlands umgerechnet, entspricht das rund 1200 Einweisungen täglich. Aktuell sind es 209, also weit von dieser Schweizer Schwelle entfernt, sagt Volkart Wildermuth.

"Ein Problem bei den Hospitalisierungen liegt darin, dass sie den Infektionen hinterherhinkt. Es dauert bis man in die Klinik geht."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Christian Althaus hat allerdings auch darauf hingewiesen, dass in der Schweiz das Testergebnis ungefähr eine Woche nach der Infektion vorliegt. Ob jemand in die Klinik muss, stehe meist schon zwei Tage später fest.

Hospitalisierung und Infektionsgeschehen

In Deutschland dagegen wird die Hospitalisierung erst seit kurzem umfassend gemeldet, sagt Volkart Wildermuth. Die folgende Statistik zeigt einen Ausschnitt aus 2021 bis Anfang Juli. Dort deutet sich eine Entkopplung von Infektionszahlen und Hospitalisierungen an.

Covid-19-Statistik: Hospitalisierungen und Todesfälle in Deutschland nach Meldewoche
© rki.de
Covid-19-Statistik: Hospitalisierungen und Todesfälle in Deutschland nach Meldewoche
Ganz unabhängig von der Frage nach Schwellenwerten für Maßnahmen komme es nun weiterhin darauf an, dass viele Menschen weiterhin relative Kontaktarmut pflegten und die Impfquote noch zulege, sagt Volkart Wildermuth.
"Die Impfungen schützen zu über 90 Prozent vor Krankenhauseinweisungen. Für Herbst und Winter kommt es auf eine hohe Impfquote plus vorsichtiges Verhalten an."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Corona und Richtwerte
Wertedebatte um Inzidenz, Hospitalisierung und Co
vom 28. Juli 2021
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartner: 
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist