Nach dem Tod von Tugce - wie wir Opfern von Gewalt helfen können, ohne selbst in Gefahr zu geraten.
Wir sind alle noch geschockt - heute wird Tugce beerdigt. Die Studentin, die auf einem Parkplatz von McDonalds in der Nähe von Offenbach so schwer geschlagen wurde, dass sie ins Koma gefallen und gestorben ist. Und das alles, weil sie zwei Mädchen helfen wollte. Seitdem ist Tugce ein Symbol für Zivilcourage. Allerdings fragen sich viele jetzt auch, was sie tun würden, wenn sie in eine Lage wie Tugce geraten.
Die Situation genau beobachten
Das Wichtigste zuerst: Die Situation genau beobachten, rät Frank Goldberg, der Trainings für Zivilcourage organisiert. Wer ist Täter und wer braucht Hilfe? Alle Anstrengungen müssen darauf ausgerichtet sein, dem Opfer zu helfen. Der Coach rät, laut zu schreien und so der Umgebung klarzumachen: Hier tut sich etwas, hier braucht jemand Hilfe. Ganz wichtig sei aber auch, mindestens vier Meter Distanz zum Täter zu waren. Statt diese Grenze zu überschreiten, lieber das Handy zücken und die Polizei anrufen oder andere Umstehende bitten, das zu tun. Sinnvoll ist auch mitzuteilen, dass die Polizei unterwegs ist.
"Die Täter interessieren uns nicht. Das ist Sache der Polizei. Uns interessiert derjenige, der Hilfe braucht."
Eine andere bekannte Situation: Wir sitzen in der Bahn und bekommen mit, dass ein Mitreisender angepöbelt wird. Hier empfiehlt Frank Goldberg, frühzeitig zu reagieren. Am besten, bevor die Gewalt eskaliert. Auch hier rät er, andere Mitreisende auf die Situation aufmerksam zu machen. So könne man dem Opfer eine Brücke bauen, um aus der gefährlichen Situation herauszukommen. Das funktioniert über Sätze wie:
- "Kommen sie doch zu uns. Hier ist noch ein Platz frei."
- "An der nächsten Station steige ich aus - kommen Sie doch mit!"
Das bestmögliche Ergebnis: Der Täter ist verblüfft. Weil er vollständig auf sein Opfer fokussiert war. Die Gefahr, dass sich die Wut dann auf uns richtet, sieht Frank Goldberg nicht. Schließlich hätten wir den Täter nicht angesprochen. Dessen Magnetfeld sei vollständig auf das Opfer fokussiert. Und dieses Magnetfeld werde nicht gestört.
Falls uns der Täter trotzdem anspricht - freundlich bleiben, nicht duzen und weiterhin Distanz wahren und nicht auf einen Disput einlassen, sagt Frank Goldberg. Wichtig sei außerdem, sofort mit dem Opfer zu verschwinden, sobald der Täter von ihm abgelassen hat.
Und was können wir tun, wenn wir selbst das Opfer sind? Wenn sich jemand im Kino oder in der leeren U-Bahn neben uns setzt? Aufstehen und weggehen. Und wer bedrängt wird, sollte laut rufen: "Lassen Sie mich in Ruhe."