Wenn kranke Eichhörnchen entdeckt werden, werden sie meist in eine Pflegestation gebracht. Diese haben wegen der Klima- und Corona-Krise gerade besonders viele Tiere in Obhut.

"Corona ist für die Menschen schwierig, für die Wildtiere ein Segen und für die Auffangstationen die Apokalypse", sagt Monika Pfister. Sie betreibt seit elf Jahren die Eichhörnchenpflegestation Eichhörnchen in Not in Heusweiler in der Nähe von Saarbrücken. In diesem Jahr hat sie sich um so viele Tiere kümmern müssen wie noch nie. Statt der üblichen 80 bis 100 Eichhörnchen und Siebenschläfer jährlich, sind bereits in diesem Jahr bis Ende September schon 200 Tiere in ihrer Notstation gelandet. Ähnliches berichten auch andere Wildtierstationen.

Monika Pfister an einem ihrer Wildtierkäfige
© Krissy Mockenhaupt
Monika Pfister an einem ihrer Käfige im äußeren Bereich der Pflegestation

Viele Tiere leiden derzeit verstärkt unter der anhaltenden Trockenheit, bei Igeln kommt es durch Mähroboter häufiger zu Verletzungen. Die Tierpflegerin glaubt allerdings auch, dass die hohe Zahl an gefundenen hilfsbedürftigen Wildtieren mit der Corona-Krise zusammenhängt. Denn durch die Einschränkungen haben immer mehr Menschen das Spazierengehen in der Natur als Hobby wiederentdeckt. Eine Folge: Es werden auch mehr Eichhörnchen oder Siebenschläfer entdeckt, die Hilfe brauchen.

Eichhörnchen mit Läusebefall

So auch das kleine Eichhörnchen, das Monikas Kollegin Manuela vorbeigebracht hat. Manuela betreut eine der Volièren, also einen großen Gartenkäfig, in dem die Hörnchen landen, wenn sie eigentlich wieder fit sind. Doch diesmal scheint etwas nicht zu stimmen. Sie erzählt, sie habe drei tote Hörnchen im Gehege gefunden - Läusebefall. Werden die Eichhörnchen nicht rechtzeitig von den Läusen befreit, saugen diese ihnen so viel Blut aus, dass sie sterben.

Da hilft nur eines: Kahl rasieren. Danach kommt das Hörnchen ein paar Tage in Quarantäne und darf dann wieder in einen der Aufzuchtkästen ziehen.

Ein Aufzugkäfig in einer Auffangstation für Eichhörnchen
© Krissy Mockenhaupt
Einer der Aufzuchtkäfige in Monika Pfisters Pflegestation

Bundesweit gebe es aktuell viele Fälle des Läusebefalls, erzählen Monika und Manuela. Ob sie dem vorbeugen können oder ob eine Kahlrasur wirklich die beste Behandlungsmethode ist, wissen die beiden nicht. Da hilft nur Trial and Error.

Keine Unterstützung durch Tierärzte

Unterstützung von Tierärztinnen- und ärtzen bekommen Monika und Manuela nicht, denn den Ärzten fehle oft das Wissen über Wildtiere. Außerdem könnten Ärztinnen mit Wildtieren kein Geld verdienen, schließlich komme niemand für die Kosten auf. Die Wildtierfinderinnen wären meist nicht bereit, die Kosten zu tragen. Monika hat dafür Verständnis und auch für die Tierärzte, denn sie weiß, dass auch diese oft überlastet seien.

"Die Pflegestellen sind alle am Limit und können auch kaum etwas zahlen. Ein Tierarzt kann seine Zeit, sein Personal und seinen Verdienst auch nicht zurückschrauben, um sich um Wildtiere zu kümmern."
Monika Pfister, Gründerin Auffangstation "Eichhörnchen in Not"

Deshalb hat sie sich im Laufe der Zeit selbst eine kleine Pflegeküche aufgebaut. Ein großer Tisch mit einer Lampe, Lupen, Verbandsmaterial und Desinfektionsmitteln reicht, um die Hörnchen erstzuversorgen. Wenn hier ein neues Hörnchen ankommt, dann schaut Monika zuerst, wo das Problem liegt, was es brauchen könnte und ob sie ihm mit ihren Mitteln helfen kann.

Pflegeküche mit allerlei Medikamenten
© Krissy Mockenhaupt
Die Pflegeküche von Monika Pfister ist mittlerweile gut ausgestattet

Ist es doch etwas Größeres, hilft alles nichts – rein in die Box und ab zum Tierarzt. Die Kosten dafür trägt Monika dann selbst.

Unterstützungen wegen Corona weggebrochen

Durch die Vielzahl an neuen Tieren sind dieses Jahr die Kosten enorm gestiegen. Normalerweise konnte Monika das durch Spendengelder und Patenschaften kompensieren. Doch durch die Corona-Krise mussten viele Geldgeber ihre Zahlungen einstellen, da sie es sich nicht mehr leisten konnten, erzählt sie. Die Pflegestelle kostet mehrere tausend Euro im Jahr, die sie jetzt aus ihrer eigenen Tasche finanzieren muss.

"Die Leute sind arbeitslos geworden, haben Kurzarbeit gehabt, wissen nicht, wie es im Leben weitergeht, können sich natürlich dann erstmal keine Patenschaft leisten, so gerne sie das auch machen würden."
Monika Pfister, Gründerin Auffangstation "Eichhörnchen in Not"

Ihren Alltag baut Monika Pfister um die Pflege ihrer derzeit 40 Wildtiere herum, denn die vielen hungrigen Tiere müssen alle zwei bis vier Stunden gefüttert werden. Zwischendrin wirft sie die Waschmaschine an oder geht einkaufen.

Neben Manuela hat dieses Jahr auch ihre Tochter viel mithelfen können, vor allem in der Zeit, in der aufgrund der Corona-Krise die Schule ausgefallen ist. Normalerweise wird es um diese Jahreszeit ruhiger in der Pflegestation. Dieses Jahr ist das allerdings anders. Monika Pfister erzählt, dass auch jetzt immer noch Hörnchen gebracht werden. Das Telefon klingele dauernd. Wie es im Winter weitergehen wird, weiß Monika nicht, aber sie mache sich definitiv Sorgen.

Wenn ihr ein vermeindlich verletztes oder krankes Wildtier wie ein Eichhörnchen finden solltet, rät Monika Pfister dazu, sich an eine Wildtierpflegestelle zu wenden und nicht an einen Tierarzt. Wenn einzelne Hörnchen den Menschen bewusst verfolgen, ist das beispielsweise ein typisches Zeichen dafür, dass sie Hilfe brauchen. Wenn ihr nicht wisst, wo sich die nächste Wildtierpflegestelle befindet, könnt ihr euch an den deutschlandweiten Eichhörnchen-Notruf unter der 0700 200 200 12 wenden.

Shownotes
Wildtierauffangstationen
Wegen Klima- und Corona-Krise besonders viele Wildtiere in Pflege
vom 09. Oktober 2020
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Autorin: 
Krissy Mockenhaupt, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin