Der Wald steht unter Stress: zu trocken, zu warm, Borkenkäfer – und Wildtiere setzen ihm zu. Schon lange klagen Förster, dass es zu viel Wild im Wald gibt. Mehr Jagd soll die Populationen im Zaum halten, doch stattdessen werden es immer mehr Tiere und Fraßschäden durch das Wild verändern den Wald.

Die Schäden im Wald durch den Klimawandel haben ein historisches Ausmaß angenommen: "Wir erleben gerade die schwerwiegendste Waldschaden-Situation seit Beginn der geregelten nachhaltigen Waldbetreuung und Waldbewirtschaftung, das heißt also seit mehr als 200 Jahren", sagt Waldschutz-Professor Michael Müller von der TU Dresden bei einem Pressetermin am 16. Juli in Berlin.

Rotwild schadet dem Mischwald

Neben den klimatischen Stressfaktoren setzt dem Wald aber auch das Rotwild zu. Nach Schätzung der Deutschen Wildtierstiftung leben hierzulande etwa 2,5 Millionen Rehe und 220.000 Rothirsche. Die Rehe lieben die jungen Triebe der Bäume – am besten schmecken ihnen die von Laubbäumen wie der Eiche. Fichten und Kiefern sind nicht so ihr Geschmack.

Das führt aber dazu, dass in den Mischwäldern Fichten und Kiefern besser wachsen als die Laubbäume. Diese Nadelbäume haben aber mit dem Klimawandel wiederum einen besonderen Stress, sie kommen mit der Dürre noch schlechter zurecht und sind besonders für den Borkenkäfer anfällig, sagt Jens Düring, Pressesprecher vom Bund Deutscher Forstleute.

"Weil eben Fichten und Kiefern nicht so gut klarkommen mit der Dürre – und besonders anfällig sind für den Borkenkäfer. Deshalb bräuchte es eben gerade mehr von anderen Baumarten und die werden ja auch gezielt gepflanzt – aber über die machen sich dann die Rehe her."
Jens Düring, Pressesprecher vom Bund Deutscher Forstleute.

Der Bund Deutscher Forstleute fordert, dass die Wildbestände verringert werden. Der deutsche Jagdverband hält dagegen, dass jedes Jahr schon zwei Millionen Tiere geschossen werden. Das sei sehr viel. Allenfalls da, wo neu aufgeforstet wird, könnte mehr gejagt werden.

Rehe verhüten nicht

Lutz Freytag, Förster und Jäger in Brandenburg, findet ganz klare Worte: Die Wildbestände müssen angepasst werden, das geht nicht ohne Jagd, denn die Tiere würden ja jetzt auch keine Antibabypille nehmen.

"Man kann es nur so deutlich sagen: Waldumbau in Deutschland geht nicht ohne Gewehr.
Lutz Freytag, Förster und Jäger in Brandenburg

In seinem Wald jagt Lutz Freytag möglichst "störungsarm". Der Jäger lässt das Wild das ganze Jahr in Ruhe. Dafür geht er an zwei bis drei Tagen "mit einem massiven Aufgebot an Jägern" auf die Jagd. So versucht er die Bestände zu reduzieren und klein zu halten.

Alternativen zur Jagd

Alternativ zur Jagd gibt es auch den Versuch, die Bäume mit speziellen Hüllen oder Zäunen zu schützen oder es wird extra Futter für das Wild bereitgestellt, damit es eben nicht die Bäume anknabbert. Diese Maßnahmen bedeuten mehr Personal, also mehr Försterinnen und Förster, die sich um solche Maßnahmen kümmern.

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Shownotes
Wildtiere
Bambi muss sterben – für den Wald
vom 17. Juli 2020
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartnerin: 
Caro Bredendiek, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin