Als Naturfilmer hat der Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens vor vielen Jahren seine Karriere begonnen. Viele kennen ihn als Moderator der ZDF-Sendung Terra X. Seine glücklichsten Momente habe er in der Natur erlebt, deshalb setzt er sich seit Jahren für ihren Erhalt ein.
Seit 30 Jahren ist der Wissenschaftsjournalist und Naturreporter Dirk Steffens in Sachen Natur unterwegs. Angefangen hat er als Naturfilmer. Dabei hat er Feldforschende begleitet und war schon immer damit konfrontiert, "was alles auf der Welt kaputt geht", erzählt Dirk Steffens.
"Durch meine Arbeit bin ich jeden Tag damit konfrontiert, was auf der Welt kaputt geht, und so wurden die Berichte im Laufe der Jahrzehnte immer mehr zu Umweltdokumentationen."
Auch wenn er die Umweltzerstörung durch seine Arbeit tagtäglich sieht, hält Dirk Steffens Resignieren für den falschen Weg. "Wir haben nur die eine Chance, und wer resigniert, der hat schon verloren", sagt der Wissenschaftsjournalist.
"Optimismus ist eine Pflicht. Wir müssen es gemeinsam versuchen, die Erde zu retten, sonst haben wir ja gar keine Chance."
Besonders wichtig ist dem Naturfilmer hervorzuheben, wie glücklich Natur machen kann. Er selbst habe die glücklichsten Momente seines Lebens in der Natur erlebt, wenn beispielsweise der Wald duftet und die Sonne durchs Blätterdach scheint. Viele von uns würden diese Gefühle kennen. Wissenschaftlich sei inzwischen erwiesen, dass Glücksempfinden uns gesünder und resilient mache.
"Natur macht glücklich!"
Wir sollten uns viel öfter sagen, wie schön die Natur ist, dieses Glück wertschätzen und uns aus dieser Haltung heraus für die Erde einsetzen, findet Dirk Steffens.
Dokumentar der Umweltzerstörung
Gemeinsam mit dem Zeit-Autor und Wissenschaftsjournalisten Fritz Habekuß hat Dirk Steffens im Mai 2020 das Buch "Über Leben. Zukunftsfrage Artensterben: Wie wir die Ökokrise überwinden" herausgebracht. "Darin geht es um die ganz große Frage: Wenn die Arten sterben, stirbt auch der Mensch – was können wir dagegen tun?", fasst Dirk Steffens kurz den Inhalt zusammen.
"Ich bin kein Aktivist, sondern nur ein Journalist, der über Umweltzerstörung berichtet."
Häufig wird Journalisten, die über die Klima- oder Umweltkrise berichten, Aktivismus vorgeworfen, statt objektive Berichterstattung. Dirk Steffens vergleicht das aber mit einer politischen Journalistin, die über ein diktatorisches Regime berichtet und beschreibt, wie Demokratie, Menschenrechte und Pressefreiheit in Gefahr sind. Denn nichts anderes würde er als Wissenschaftsjournalist tun, darüber berichten, dass Arten vom Aussterben bedroht sind, die in der Folge Millionen von Menschen das Leben kosten können. Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) warnt, dass eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind, viele davon bereits in den nächsten Jahrzehnten.
"Nach wissenschaftlicher Schätzung verlieren wir derzeit 150 Arten am Tag, und es besteht kein Zweifel daran, dass das unsere eigene Existenz gefährdet."
Der Wissenschaftsjournalist und Moderator der ZDF-Wissenschaftssendung Terra X zeigt die Zusammenhänge im Bereich Biodiversität auf: Artenvielfalt beeinflusst die Luft, die wir atmen, die Böden, die dadurch fruchtbar sind, oder unser Trinkwasser.
"Die Klimakrise bedroht zwar die Art wie wir leben, aber das Artensterben stellt infrage, ob wir leben."
- Beispiel Sauerstoff: Kieselalgen, die im Meer treiben, erzeugen viel mehr Sauerstoff als weltweit alle Wälder zusammen. Unterbrechen wir diesen Sauerstoffkreislauf durch Verschmutzung oder Erwärmung der Meere, "würden wir Menschen auf der Erde ersticken", erklärt Dirk Steffens.
- Beispiel Ackerboden: In einer Handvoll Ackerboden leben mehr Lebewesen als Menschen auf dem Planeten. Diese Kleinstlebewesen verwandeln tote Materie in fruchtbaren Boden oder in Muttererde.
"Wenn du von einem Astronauten eine Handvoll Marsboden bekommen würdest und du würdest einen Samen da hinstecken, dann würde rein gar nichts passieren, weil das einfach tote Materie ist."
Die Schicht Muttererde ist aber rund um den Planeten nur rund 30 Zentimeter dick. Wenn Wälder abgeholzt werden und immer mehr intensive Landwirtschaft betrieben wird, verlieren wir fruchtbaren Boden.
"Wenn wir in die Artenvielfalt im Boden eingreifen, verlieren wir unsere Nahrungsgrundlage."
An diesen Beispielen, von denen es noch viele gibt, macht Dirk Steffens deutlich, wie abhängig wir von den acht bis neun Millionen Arten auf der Erde sind, die in ihrem Zusammenwirken dafür sorgen, dass wir Menschen überhaupt auf der Erde leben können.
Konsum gefährdet Artenvielfalt
Die Zerstörung der Artenvielfalt auf der Erde hänge viel stärker vom Konsum der reichen Länder ab und werde weniger von einem Bevölkerungswachstum auf dem afrikanischen Kontinent bedroht, so Dirk Steffens.
"Der ökologische Fußabdruck einer kinderarmen Familie in Deutschland ist viel schädlicher für die Umwelt als der einer Großfamilie in Nigeria."
Beispielsweise habe sich der Konsum in Deutschland seit 1970 verfünffacht, während das Glücksempfinden genau gleichgeblieben sei. Ist es dann überhaupt sinnvoll, immer mehr Besitz anzuhäufen, immer mehr Ressourcen zu verbrauchen und den Konsum immer weiter auszudehnen, fragt Dirk Steffens.
"Alles wird knapp, weil wir von allem zu viel verbrauchen."
In vielen Bereichen ist für uns gar nicht sichtbar, wie unser Konsum in weiten Teilen der Erde die Umwelt zerstört oder Menschen ausbeutet. Dirk Steffens erläutert das am Beispiel Smartphone: Streamingdienste erzeugen inzwischen ähnlich viele Treibhausgase wie der Flugverkehr, der Strom für das Handy kommt möglicherweise aus einem Kohlekraftwerk, die seltenen Erden, die für die Herstellung gebraucht werden, werden unter menschenunwürdigen Bedingungen und oft mit Kinderarbeit gewonnen.
"Auf einem endlichen Planeten ist unendliches Wachstum nicht möglich."
Dagegen ist der Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Artensterben weniger komplex als bei einem Smartphone: "Wer viel Fleisch isst, schadet direkt den Regenwäldern und der Artenvielfalt. Das ist eine gerade, leicht zu durchschauende Linie", erklärt Dirk Steffens. Wälder werden abgeholzt, um Soja anzubauen, das für Tierfutter weiterverarbeitet wird, das wiederum bei uns in der Massentierhaltung an die Tiere verfüttert wird.
Warum Handeln so schwerfällt
Das sind alles keine neuen Erkenntnisse und trotzdem ist den Menschen bis heute nicht gelungen, diese Probleme zu lösen und auf die Bedrohungen, die daraus in den nächsten Jahren spürbar werden, zu reagieren. Die Schwierigkeit für uns Menschen läge darin, dass wir nicht gelernt hätten, mit solchen abstrakten Bedrohungen umzugehen.
Was wir aber aus der Corona-Krise nach Meinung von Dirk Steffens gelernt haben: "Wenn wir mehrheitlich davon überzeugt sind, dass Maßnahmen sinnvoll und notwendig sind, wenn wir diese wollen, können wir als Homo sapiens alles."
Wenn ihr wissen wollt, welche Lösungsmöglichkeiten Dirks Steffens in der Klima- und Umweltkrise sieht, dann hört einfach das ganze Gespräch. Oben auf den Play-Button klicken.